Blech, das wie Silber glänzt: Plätze zwei und vier beim Fux’n Lauf

19. März 2016
Von Gabriel Egger





Triefende Nase, gerötete Augen, ein Dröhnen im Kopf. Der Körper schreit nach Ruhe, der Wille nach einem vertikalen Gradmesser. Der Ehrgeiz ist keine Tugend. Heute nicht. Ganz beiläufig stehe ich am Start des fünften Fux’n Lauf auf den Grünberg. Vom Parkplatz der Seilbahn in Gmunden geht es los. Zuerst sanft, dann abrupt steil und kräfteraubend. Der Ortner-Steig ist kein Spaziergang, nicht einmal als Spaziergang.

Knapp 600 Höhenmeter sind es auf den 1.004 Meter hohen Berg. Oben angekommen, ist das Ziel aber noch nicht erreicht. Dann geht es über den Rosal-Steig und endlose Forststraßen hinab zum Gasthaus Silberfuchs der Familie Hain. Seit mehr als fünf Jahren veranstalten die Brüder Christoph und Gregor  den familiären Wettkampf um den schnellsten Fuchs und den rasantesten Hasen. Sechs Kilometer, die zwar hart umkämpft, denen durch den Modus aber die Ernsthaftigkeit genommen wird. Die Damen starten fünf Minuten früher als die Herren. Wer eine Dame überholt, muss sie ein Stück weit tragen.

Startschuss. Die Lunge brennt. Ich fühle mich, als würde ich mir eine Zigarette nach der anderen anzünden. Erinnerung an feuchtfröhliche Nächte. Trotzdem finde ich den Rythmus. Platz vier, dicht hinter dem 17-jährigen Rene. Vorne läuft Lokalmatador und Titelverteidiger Josef Dißlbacher schon nach wenigen Minuten sein eigenes Rennen. Auf der Skipiste kann ich aufschließen. Platz zwei und vier liegen nur Sekunden voneinander entfernt. Immer wieder muss ich Laufabschnitte gehen. Auch die Damen müssen gehen. Getragen werden sie heute von niemandem. Wo sind sie Gentlemans vergangener Tage?

Schnaufen, Husten, Zähne zusammenbeißen. Kein guter Tag, aber ein gutes Rennen. Auch beim Downhill kann ich wieder auf Tuchfühlung mit dem Stockerl gehen. Es wird nicht reichen. Das blaue Shirt vor mir rückt wieder aus dem Blickfeld. In Gedanken greife ich danach, die Finger fahren ins Leere. Ich donnere über die Forststraße hinab. Monotones Klappern. Ein Klick auf die Stoppuhr. 37 Minuten und 16 Sekunden. Blech. Doch für bergaufundbergab glänz es wie Silber. Moritz verteidigt seinen zweiten Platz des Vorjahres. Der große Tropfen Wermut: Heute folgt keine Biwaknacht auf dem Traunstein. Nach Würstel und Bier geht es zurück zum Parkplatz und zurück in den Alltag, aus dem wir herausgelaufen waren.

 

FÜNFTER FUX’N LAUF AUF DEN GRÜNBERG:


1. Josef Dißlbacher – LCAV Jodl Packaging- 35:15
2. Moritz Mayer – bergaufundbergab – 36:17
3. Rene Steinmaurer- LCAV Jodl Packaging- 36:51
4. Gabriel Egger- bergaufundbergab- 37:16
5. Martin Schimpl- schima sports- 38:07


DAMEN:


1. Margit Egelseder- LG Kirchdorf- 42:14
2. Christina Herbst – LTV Linz- 46:19
3. Daniela Karigl- B’jak- 46:32













Wer zuviel will, den bestraft der Hammer: Ein erkämpfter Marathon

03. April 2016
 
Von Gabriel Egger
 
Ich fühle  mich von mir selbst unter Druck gesetzt, als ich die Menschenmassen beim Kunstmuseum Lentos passiere und in Richtung Voest-Brücke trabe. Die Zeit des Vorjahres (03:25:33) war für eine Marathon-Premiere gut. Richtig gut. Aber heute muss es trotzdem besser werden, sonst bin ich enttäuscht. Ein Sportlerleben ist nicht nur schön. Trainiert habe ich gar nicht – zumindest nicht auf Asphalt. Bergläufe jenseits der 40 Kilometer sind kein Problem, aber der Beton unter meinen Füßen fühlt sich oft so an, als wär’ er gerade angerührt worden. Meine mobile Verpflegungsstelle spricht mir Mut zu, treibt mich schon vor dem Start an. Michael ist, wie auch vergangenes Jahr, wieder die gesamte Strecke dabei. Als Engel auf zwei Rädern. Unter 03:15 zu laufen, das ist die innere Vorgabe. Muss doch möglich sein.
Startschuss. Tempo drosseln, ruhig beginnen. Klappt nicht ganz. Mit zu hoher Geschwindigkeit laufe ich die ersten Kilometer schon vor dem Pacemaker, mit der friedensstiftenden weißen Fahne als Erkennungszeichen. Die Stimmung ist deutlich besser als vergangenes Jahr. Immerhin mehr als 100.000 Zuschauer säumen die belebten Straßen. Die Läufer donnern über die Autobahn. Das Trommeln der Laufschuhe steht den Pkws um nichts nach. Auf der Nibelungenbrücke fühle ich mich mit meiner Heimatstadt eng verbunden.Eine Pinkelpause lässt mich zurückfallen. Zu motiviert kämpfe ich mich wieder nach vorne. Der erste Halbmarathon ist in 1:34:14 Geschichte. Die Befürchtung im Wasserwald alleine laufen zu müssen, bestätigt sich. Die Beine lassen nach, der Kopf muss die schwindende Kraft kompensieren. Die laufende Einsamkeit zermürbt mich. Kein Gel oder Riegel der Welt könnte hier helfen. Immer näher kommt die weiße Flagge des Pacemakers Erich Scharf, bis er mich lächelnd überholt. Völlig unbeschwert, mit einem Blick, der nur ein Gefühl ausdrückt: Mitleid. Das brauch ich jetzt allerdings überhaupt nicht. Das weiß auch Michael, der mich zum Kämpfen auffordert, ja beinahe wie ein Floh im rechten Ohr sitzt und am Trommelfell nagt. Die Drangsalierung funktioniert. Scharf bleibt in Reichweite. Bei Kilometer 40 ist es trotz aller Bemühungen vorbei. Der Hammerschlag hat nach den Beinen auch den Kopf getroffen. Die Schritte werden langsamer. Ich muss gehen. Läufer ziehen gleichsam wie der Augenblick an mir vorbei. Wut und Enttäuschung brodeln im selben Topf. Wegen zwei Kilometern. Nie wieder laufe ich einen Marathon.

Die letzten Meter

Beschwerden helfen nicht. Die Zeit läuft und ich tu’ es auch wieder. Die Beine schwer wie Blei, doch die Flügel wachsen wieder, als ich in die Landstraße einbiege. Das Tropfsteinpflaster schmerzt in den Fußsohlen, der Blick wie in Trance nach vorne gerichtet. Endlich im Ziel. 03:19:06. Sechseinhalb Minuten besser als vergangenes Jahr. Zufrieden lasse ich mich auf die Bierbank fallen. Ein bisserl weniger selbst auferlegter Leistungsdruck wird nächstes Jahr gut tun. 

15. BOREALIS LINZ-DONAU MARATHON


132. Gabriel Egger , 03:19.06, Pace 04:42, AK: 15.