04. März 2016
von Moritz Mayer

Es sind unsere Träume, die das Leben erfüllen. Egal ob groß oder klein, leicht erreichbar oder fast unerreichbar, sinnvoll oder sinnlos, setzt man sich einmal etwas in den Kopf, bleibt es darin verankert.

Der Traunstein ist schon seit  Beginn meiner “Berg-Karriere” ein treuer Begleiter und Trainingspartner. Egal bei welchen Bedingungen, Jahreszeiten oder Uhrzeiten, ich kenne ihn und seine Tücken. Am Traunstein bin ich gereift und habe unzählige Erfahrungen gemacht, die mir niemand mehr wegnehmen kann. Und bin ich mal nicht in der Nähe des Fels-Kolossen am Ostufer des Traunsees unterwegs, dann packt es mich, ‘s Traunstoanhoamweh.
Der Begriff “Fels-Koloss” beschreibt den Traunstein sehr gut. Er ist abweisend und fällt an den meisten Stellen nahezu senkrecht in Richtung Traunsee ab. Auch im Winter bleibt nur wenig Schnee an den steilen Felswänden liegen und somit scheint der Gedanke vom Skifahren am Traunstein völlig absurd. Nur ungefähr einmal in zehn Jahren findet man am Traunstein brauchbare Ski-Bedingungen vor. Doch selbst dann ist eine Skibefahrung nicht einfach. Gefährliche Steilabfahrten zur Mairalm und noch riskantere Abfahrten durch die mächtige Nordwand sind die absoluten Glanzleistungen in der Ski-Geschichte des Traunsteins.Doch was tun wenn man keine Skibedingungen am Traunstein vorfindet und dennoch einmal sein Skikönnen am Wächter des Salzkammergutes testen will? : einen Kompromiss finden.

Der Kompromiss lautet wie folgt: Skier in den Kofferraum packen, in einer guten Stunde nach Gmunden fahren, in die Traunsteinstraße abbiegen, am Umkehrparkplatz seine Skier aus dem Auto laden und am Rucksack befestigen, über den Naturfreundesteig aufs Plateau steigen, Skier anschnallen, damit zum Gipfel aufsteigen, die Gipfelaussicht genießen, in frischem Pulverschnee wieder zum Naturfreundehaus abfahren und als Abschluss die Skier im Einbruch der Dunkelheit wieder ins Tal tragen.

Klingt doof? Ist es auch. Aber Träume sollen gelebt werden.

Ich mache mich also auf Richtung Naturfreundesteig. Ein ungewohntes Gefühl, wenn man mit Skiern am Rucksack dem Naturfreundesteig entgegen läuft. Am Ostufer des Traunsees erinnerten die Temperaturen bereits ein wenig an den Frühling. Meine Jacke war schnell im Rucksack verschwunden und die Vögel zwitscherten munter und fröhlich vor sich hin.

Unten Frühling, oben Winter

 

Wunderschön blau dieser “Teich”

Die Einstiegswand des Naturfreundesteiges, welche mit zahlreichen Eisenstiften versehen ist, lehrte mich sofort, dass ich extrem aufpassen musste mit den Skiern am Rücken. Beugte man sich zu weit nach vorne, streiften die Skispitzen an den Felsen und man musste aufpassen dass man das Gleichgewicht nicht verlor. Kurz vor der Sulzkogelscharte (800m), lag dann tatsächlich Schnee. In den vergangenen Tagen hatte es wohl dann doch weiter nach unten geschneit als ich dachte. Frühling und Winter lagen an diesem Tag echt nah beieinander.

Auch im Lainautal kämpft der Frühling mit dem Winter

 

Kurz vor der Sulzkogelscharte (800m)

Trotz immer mehr Schnee und meinen (zugegeben leichten) Skiern am Rücken kam ich schnell voran und schon bald befand ich mich am Überstieg des Naturfreundesteiges auf etwa 1.000 Meter. Am Boden war nur eine Salomon-Speed-Cross-Spur auszumachen, die bei mir einen Verdacht aufkommen ließ. Kurz vor der Querung zum Bösen-Eck, bestätigte sich dann auch mein Gedanke und Landi Koali, ein alter Traunstein-Bekannter, tauchte vor mir auf. Wie so oft trafen wir uns am Stoa und begrüßten uns herzlich.

Erlakogel und Konsorten

 

Am Überstieg

 

Der Naturfreundesteig und seine Tücken

Als ich nach diesem kurzen Plausch weiter in Richtung Gipfel marschierte und kurz vor dem Bösen-Eck mich an einem Drahtseil festhielt, spürte ich es plötzlich. Ein abstehendes Drahtende, hatte sich tief in mein Hand geschnitten und schon kurze Zeit darauf quoll jede Menge Blut aus dieser Wunde. Kurz überlegte ich ob es nicht doch besser wäre, wenn ich umdrehen würde, doch als ich die Blutung mit Schnee einigermaßen in den Griff bekommen hatte, ging es weiter in Richtung Traunstein-Gipfelkreuz.

Dort oben wartet das Plateau bereits auf mich

 

Salzkammergut

 

Auch der ein oder andere Zuschauer am Naturfreundesteig

 

Kurz vorm Bösen Eck (mit aufgeschnittener Hand)

 

Koali wo bist du?

 

Im Bösen Eck (1.400m)

Nach 1:25 Stunden erreichte ich überraschend schnell das Naturfreundehaus und ließ mich auf die große Sonnenterrasse fallen. Der Wind blies mir kräftig durch die Haare und ich brauchte einige Zeit um meine Jacke anziehen zu können.

Gmunden

 

Teilweise etwas zum Aufpassen im oberen Teil des Naturfreundesteiges

Dann ging es endlich los und ich schnallte meine Skier direkt nach dem Naturfreundehaus am Plateau an.  Ein wirklich seltsames aber auch zugleich fantastisches Gefühl hier oben auf Skiern zu stehen dachte ich mir, während ich in Richtung Gmundner Hütte tourte. Im Winter ist das Traunstein-Plateau ja eher zu meiden, da das Spuren zum Gipfel extreme Anstrengungen erfordert, doch mit Skiern war das alles heute kein Problem und ich kam schnell voran.

Wunderschönes Ambiente am Plateau

 

Work sucks – Go Ski-Touring!

 

Die Gmundner Hütte (1.666m) ist gleich erreicht

Nach einigen Spitzkehren erreichte ich die Gmundner-Hütte und befreite erstmal die Webcam von ihrer überzogenen Schneeschicht. Danach ging es weiter dem Gipfel entgegen. Landi Koali der mich am Naturfreundehaus wieder überholt hatte, war bereits fast am Gipfel angekommen, als ich ihn abermals mit Skiern überholte.

Noch kurzerhand die Webcam befreit (Free Webcam!)

 

Die Sonne verschwindet immer mehr hinter den Wolken

 

Fast geschafft!
Gipfel voraus!
Rückblick

Dann war es endlich so weit und ich erreichte  das Gipfelkreuz auf dem 1.691 Meter hohen Traunstein. Mein Traum war in Erfüllung gegangen. Ein wirklich schräges Bild, als die Ski neben dem mächtigen Gipfelkreuz im Schnee steckten und ich die Aussicht ins Tote Gebirge genoss. Kurz bevor ich abfahren wollte, erspähte ich noch eine Gestalt an der Gmunder Hütte, die sich schnell auf den Gipfel zubewegte. Roberto Riesinger war ebenfalls heute am Traunstein unterwegs und stand schon kurze Zeit später mit uns am Gipfel. Die Stimmung war wie immer gut (das muss wohl am Traunstein liegen) und wir unterhielten uns kurz, bevor ich dann doch meine Skier anschnallte.

Summit!

 

Das Tote Gebirge strahlt herüber


Berge soweit das Auge reicht
In der Grünen Gasse liegt doch noch einiges an Schnee

 

Roberto Riesinger erreicht den Gipfel

Die ersten Schwünge am Traunstein waren wirklich etwas Besonderes und ich kam aus dem Grinsen gar nicht mehr raus. Zu meinem Glück hatte ich sogar eine Pulverschneeschicht über der alten Schneedecke, die meine Skischwünge am Traunstein wirklich zum absoluten Genuss machten.

Und los gehts!

 

Rückblick zum Gipfel

 

Super Pulverschnee

Nach einem kurzen Gegenanstieg nach dem ersten Hang, entschied ich mich dafür, durch die Latschengasse weiter abzufahren. Unter der Gmunder Hütte lag dann doch zu wenig Schnee für ein paar ordentlich Schwünge. Gesagt getan, in der Latschengasse lag genügend Schnee und im oberen Teil konnte man wirklich ein paar sehr genussvolle Schwünge in den frischen Pulverschnee ziehen. Als ich ab und an zurück zum Gipfel blickte musste ich jedes Mal lachen, als ich die Skispuren am Plateau sah.

In der oberen Latschengasse

Im unteren Teil der Latschengasse wurde es dann ein bisschen schwieriger zu fahren. Viele Sträucher und Bäume ließen nicht wirklich  Schwünge zu und ich suchte einige Zeit nach der richtigen Linie durch das Labyrinth aus Grünzeugs.

An der Abzweigung zum Mairalmsteig war es dann vorbei, ab nun ging es wieder einige Höhenmeter zum Naturfreundehaus bergauf und ich musste die Skier abermals tragen. Am NF-Haus angekommen wechselte ich dann wieder die Kleidung und meine Skischuhe zu Laufschuhen, ehe ich mich auf den Rückweg machte. Es war bereits kurz vor 18:00 Uhr als ich wieder den Überstieg des Naturfreundesteiges erreichte. Schon langsam wurde es dunkel und mit den Skiern musste ich beim Abstieg höllisch aufpassen, dass sie sich nicht in irgendeinem Baum oder einer Drahtseilversicherung verfangen. Die Gedanken waren ausschließlich bei der kurz zuvor unternommen Skitour am Traunstein Plateau. “Endlich kann ich sagen, dass ich mit Skiern am Traunstein war”, dachte ich mir während ich weiter in Richtung Umkehrparkplatz abstieg.

Und wieder hinunter ins Tal

Um halb sieben Uhr erreichte ich diesen dann auch letztendlich. Es war bereits stockdunkel und ziemlich kalt geworden. Etwas müde aber doch zufrieden ließ ich mich ins Auto fallen und trat die Heimreise an.

Bis bald lieber Traunstein!

Um die Wartezeit auf die nächsten Traunsteinbilder etwas zu verkürzen, kann ich auch noch auf einen Blick ins Fotoalbum verweisen: