Auszeit im Ötztal 2

Ziel: Similaun (3.606m), Fineilspitze (3.514m)

Von Moritz Mayer

 

Die Vorgeschichte gibt es HIER.

Der Wecker reißt mich aus dem Schlaf. Eine Weile brauche ich bis ich realisiere, dass ich auf 3.000 Metern im wunderschönen Ötztal bin. Als ich das erste Mal  aus dem Fenster blicke, sehe ich wie der Gipfel des Similauns bereits von den ersten Sonnenstrahlen beleuchtet wird. Beim Frühstück mit den Linzer-Kollegen unterhalten wir uns über unsere heutigen Tourenziele. Ich will heute den Similaun und die Fineilspitze mit den Skiern besteigen, bevor ich zur Bella Vista Hütte (2.845m) abfahre. Danach will ich noch auf die Weißkugel, den dritthöchsten Berg von Österreich um danach im Hochjochhospiz zu schlafen.

Nach dem kräftebringenden Frühstück verlasse ich die Similaunhütte mit einem leichten Rucksack um den Similaun (3.606m) in Angriff zu nehmen. Nach der Besteigung des Ötztaler-Riesens muss ich sowieso wieder zurück zur Similaunhütte und somit kann ich einige schwerere Sachen noch in der Hütte lassen.

Ein wunderbarer Tag kündigt sich an

 

Der Niederjochferner ist nicht weit entfernt

Draußen ist es noch etwas kalt und die Hütte liegt noch im Schatten, während sich die mächtigen Berggipfel der Südtiroler-Berge bereits im Sonnenlicht wiegen.

Die Südtiroler Berge strahlen bereits im Sonnenlicht

 

Hier habe ich meine Nacht verbracht

 

Die Fineilspitze wartet auch schon auf mich

Am Gletscher angekommen, ordne ich mich sofort in die breite Skispur ein. In den Tagen zuvor waren hier wahrscheinlich schon hunderte andere Tourengeher unterwegs gewesen. Die Temperaturen und die Schneebedingungen waren und sind nun mal perfekt. Der Niederjochferner ist in zwei Teile unterteilt. Der untere Teil ist eher flach und spaltenarm, der obere, kurz vorm Gipfel hingegen, ist dafür umso steiler und auch Gletscherspalten finden sich dort oben immer häufiger.

Der optimale Zustieg zum Gletscher ist gefunden

 

Die Führenden

 

Tausende Skispuren am Gletscher

Ich hole schnell auf und die erste Tourengruppe kann ich schon am unteren Ferner überholen. Jetzt wartet eine kleine Steilstufe auf mich, die mich auf den oberen Niederjochferner führen soll. Ich befinde mich schon auf fast 3.500 Metern, allerdings spüre ich durch die nahezu perfekte Akklimatisation die Höhe kaum. Die vielen Skispuren am Gletscher erinnern mich an ein Skigebiet. Wie auf einer “Mugel-Piste” sieht es hier aus.

Schon langsam zeigt sich der Similaun

 

Das Gipfelkreuz ist bereits zu erkennen

 

Die Ersten sind bald eingeholt

Je höher ich komme, desto grandioser wird die Aussicht. Vor allem die Südtiroler-Berge haben es mir heute angetan. Ortler, Zebru und Co stehen Spalier und sorgen für ein großartiges Ambiente. Nun habe ich auch die letzte vor mir liegende Tourengruppe überholt und steuere alleine auf den Gipfel zu.  Der Gipfelhang ist nochmal besonders steil (30-35°). Spitzkehren in solchem Gelände zu machen ist keineswegs einfach und ich bin froh als ich endlich auf einem kleinen Plateau 20 Höhenmeter unter dem Gipfel stehe.

Der Gipfelhang baut sich langsam vor mir auf

 

Wunderschönes Ötztal

 

Fast ist der Gipfelhang geschafft

Hier errichte ich mein Skidepot und stapfe ohne Ski den restlichen Weg, über einen schmalen Grat zum Gipfel des 3.606 Meter hohen Similauns. Ein neuer Dreitausender ist bestiegen, und was für einer. Unten im Tal hängt der Nebel und darüber befinden sich Berge soweit das Auge reicht. Besonderes die Hintere Schwärze (3.628m) mit ihrer mächtigen Nordwand hat es mir angetan und ich halte diese fantastischen Kulisse in zahlreichen Fotos fest. Ganz alleine auf einem großen Gipfel zu stehen, ist dann doch immer etwas ganz Besonderes und ich bin sehr dankbar für diesen Moment.

Grandiose Ausblicke am Skidepot

 

Nicht mehr weit

 

Bella Italia

 

Similaun (3.606m)

 

Unten Nebel, oben Gipfel

 

Die Hintere Schwärze mit ihrer gigantischen Nordwand



Der Rückweg zum Skidepot dauert nicht lange und ich freue mich schon auf die 600 Höhenmeter lange Abfahrt zur Similaunhütte.  Der Neuschnee der vergangenen Tage ist noch immer perfekter Pulver und jeder Schwung ein wahrer Genuss. Am Niederjochferner tummeln sich jetzt bereits die Tourengeher. Diese lasse ich jedoch links liegen und genieße die weitere Abfahrt. Nach etwa 15 Minuten komme ich wieder bei der Similaunhütte an und lasse mir auf der Hüttenterrasse die Sonne auf den Bauch scheinen. Der perfekte Ort um seine Kraftreserven erneut zu füllen.

Wieder zurück bei der Similaunhütte

Nun wird nämlich das Tal gewechselt und ein Grenzgipfel, die sogenannte Fineilspitze (3.514m) bestiegen. Beim Weggehen von der Hütte schmerzen meine Beine bereits. Allerdings nicht weil ich überanstrengt bin, sondern viel mehr weil sich große Blasen an meinen Fersen und der Innenseite des Fußes gebildet haben. Bei jedem weiteren Schritt werden die Schmerzen größer. Ich halte kurz an um meine Füße zu begutachten. Die Blasen sind bereits offen und bluten stark.

Nun wechsle ich das Tal

Es hilft nicht. Mit schmerzverzerrtem Gesicht steige ich weiter dem Himmel entgegen. Am Tisenjoch (3.210m) mache ich eine kurze Pause. Dies ist ein ganz besonderer Ort. Nicht nur wegen der fantastischen Bergkulisse des Ötztales, nein vor ziemlich genau 25 Jahren wurde hier die berühmte Gletschermumie Ötzi gefunden. Ein wirklich historisches Plätzchen an dem sich auch viele andere Tourengeher aufhalten.

Rechts im Bild der Hauslabkogel

 

Mächtige Gletscherwelt

 

Das Grabdenkmal von Ötzi ist bald erreicht

Vom Tisenjoch geht es anschließend steil weiter zum Hauslabjoch. Die Sonne brennt gnadenlos vom Himmel und der Schnee ist bereits butterweich. Nun ist es nicht mehr weit zum Skidepot. Noch eine kurze Querung und drei Spitzkehren, dann ist die Tortur geschafft. Bereits jetzt ist klar für mich, dass ich heute wohl nicht mehr weiter auf die Weißkugel gehen kann. Die Schmerzen an den Füßen sind viel zu groß um noch einmal 1.500 Höhenmeter absolvieren zu können.

Im Ötztal ist man heute deutlich über den Wolken

 

Schon langsam verabschiedet sich der Similaun
Dafür begrüßt mich die Fineilspitze

Nun ist das Skidepot der Fineilspitze endlich erreicht. Über einen schmalen Grat der immer wieder etwas berauf und bergab geht, erreiche ich wenig später den Gipfel der Fineilspitze auf 3.514 Metern. Nun hat man einen super Ausblick auf das komplette Ötztal. Die Weißkugel und die Wildspitze dominieren die Landschaft im Westen. Im Osten beherrscht der Similaun die Landschaft. Einige Bergsteiger überschreiten die Fineilspitze, da ich allerdings meine Skier etwa 100 Höhenmeter weiter nördlich im Skidepot lagern habe kommt diese Option für mich leider heute nicht in Frage.

Die letzten Meter zum Gipfel

 

Fineilspitze (3.514m)

 

Die Weißkugel dominiert die Bergwelt

 

Nun wird es aber wieder Zeit für den Abstieg

Am schmalen Grat balanciere ich wieder zurück zu den Skiern und bereite mich für die Abfahrt vor. Über den verwinkelten und weitläufigen Hochjochferner will ich nun zur Schönen Aussicht, eine Berghütte auf 2.830 Meter, abfahren. Am oberen Hochjochferner sind viele Spuren und ich orientiere mich an denen die am weitesten Links verlaufen. Nach einer Weile schwinge ich ab und muss mich entscheiden. Versuche ich so weit es geht am oberen Hang weiter zu fahren und bewege mich somit in unbekanntes Gelände, oder fahre ich weiter den Spuren nach bis in den Talgrund.

Schon ein imposanter Berg die Fineilspitze

 

Der Gletscher birgt viele Tücken 

Da meine Füße nun aber auch schon beim Abfahren höllisch schmerzen und ich Gegenanstiege so gut es irgendwie geht vermeiden möchte, entscheide ich mich für die risikoreichere Variante. Die Querung funktioniert gut und schon bald bin auch aus der vermeintlichen Spaltenzone wieder raus. Nun heißt es aber dennoch einige Höhenmeter mit den Skiern am Rücken aufzusteigen um große Seracs später umfahren zu können.

Die Querung ist erstmal geschafft

 

Nun geht es wieder einige Meter bergauf

 

Das Skigebiet Schnalsertal ist endlich erreicht, das Leiden hat ein Ende

Nach dem kurzen Gegenanstieg ist die Fahrt über den Hochjochferner wieder frei. Nun treffe ich auch wieder auf andere Skispuren und fahre einen steilen aber sehr geilen Pulverhang hinunter. Es ist geschafft! Der Hochjochferner liegt hinter mir. Nun sind es nur noch etwa 200 Höhenmeter Gegenanstieg bis zur wohlig warmen Hütte im Skigebiet Schnalsertal.

Den restlichen Tag genieße ich auf der…

 

Schönen Aussicht

 

Eine Hütte mit sehr viel Komfort

 

Der Tag neigt sich dem Ende

Endlich bin ich wieder in der Zivilisation, denke ich mir als ich die Hütte betrete. Auch wenn es erst 12:00 Uhr ist, die Weißkugel macht heute mit solchen Blasen an den Füßen keinen Sinn mehr. Sie wird auf morgen verschoben und dafür verzichte ich auf die Wildspitze, entscheide ich bei einem deftigen Mittagessen. Nach einem erholsamen Nachmittag auf 2.830 Meter geht die Sonne langsam unter und die Nacht bricht an. Die Linzer Alpingruppe um Christoph Veres ist nun auch bereits bei der Hütte angekommen und gemeinsam verbringen wir einen gemütlichen Hüttenabend.

Teil 3 folgt…

Weiter Bilder gibt es hier zu bewundern: