Grenzenlose Freiheit am Grenzberg und massige Freude am Karleck
1.800 Höhenmeter

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Der Bosruck ist nicht nur die westliche Grenze, der uns mittlerweile schon so bekannten Hallermauern. Nein, er ist auch der westlichste Berg der Ennstaler Alpen und bildet zugleich die Grenze zwischen Oberösterreich und der Steiermark. Tief unter seinem 1.992 Meter hohen Gipfel, schlängelt sich der so bekannte Bosruck-Tunnel durch das Kalkgestein und ermöglicht jeden Tag tausenden Fahrzeugen einen Wechsel des Bundeslandes.
Zum “Bosruck-Massiv” gehören aber noch zwei weitere kleine Gipfel. Westlich des Bosrucks befindet sich der 1.925 Meter hohe Kitzstein und noch weiter in dieser Richtung der Lahnerkogel. Diese drei Gipfel ergeben im Sommer eine wunderschöne Überschreitung von Ost nach West oder umgekehrt. An schönen Sommertagen kann es durchaus einmal vorkommen, dass sich über 100 Leute gleichzeitig am Haupte des Bosrucks bewegen und somit stand auch ich schon einmal vor 2 Jahren, in Begleitung meines Vaters, am 1.992 Meter hohen Gipfel. Während der Bosruck im Sommer einer der beliebtesten Berge überhaupt im Ennstal ist, wird er im Winter nur sehr selten besucht. Nur wenige wagen sich dann zum Hauptgipfel des Bosrucks. So unüberwindbar der Bosruck auch von Norden her ausschauen mag, gibt es eine Skitour die sich direkt in Falllinie des Gipfels befindet. Diese Skitour ist allerdings nichts für schwache Nerven, da sie an manchen Stellen sogar über 50° steil ist und ein Stürzen absolut nicht erlaubt ist.
Es ist Mittwoch und ich bin schon seit einigen Stunden am Überlegen wo es wohl dieses Wochenende hingehen soll. Eines stand fest: Es musste wieder mal eine Skitour her! Doch es sollte keine normale Skitour werden. Da ich in den letzten Wochen sehr viel Konditionstraining (Berglaufen etc.) gemacht hatte, wuchs in mir der Wunsch, wieder mal etwas technisch schwierigeres zu machen. Also versteifte ich mich bei meiner Touren-Recherche  auf Steilrinnen in Oberösterreich. Die Lawinengefahr sollte, dank des warmen Wetters, ab Donnerstag, bis Samstag ja doch noch um einiges zurückgehen. Nach einigen Stunden vor dem Laptop, entschied ich mich dann am Freitag Vormittag endgültig für die 50° steile Bosruck-Nordrinne.Da Gabriel, mein oftmaliger Begleiter bei solchen Abenteuern, am Freitag Abend bis spät in die Nacht arbeiten musste, stand auch schnell fest, dass ich am Samstag alleine unterwegs sein werde. Dies machte mir aber allerdings nicht so viel aus, da ich es ja gewöhnt bin alleine Zeit im Gebirge zu verbringen.

Um  3:00 Uhr morgens klingelte pünktlich mein Wecker und ich kroch noch ziemlich verschlafen aus dem Bett. Nach einer “morgendlichen” Dusche, packte ich anschließend noch einige brauchbare Berg-Utensilien ins Auto, ehe ich mich auf in Richtung Ennstal machte. Während einige meiner Freunde gerade erst vom Fortgehen in Rieds Stammlokalen nach Hause kamen, bog ich schon, mit eingeschalteten Fernlicht, in die Sandstraße (Spital am Pyhrn) ein, welche mich zum Parkplatz-Bosruckhütte führen sollte.
 
*Ob der Straßennahme wohl irgendetwas mit dem Sandkar am Lahnerkogel zu tun hat?* 
 
Um kurz nach 5:00 Uhr erreichte ich endlich den Parkplatz an der Bosruckhütte. Mein Auto war das Erste am Parkplatz, was heute wohl nicht so verwunderlich ist. Etwas müde von der Fahrt, kletterte ich auf die Rückbank, wo ich mich anschließend in meine Skischuhe zwängte. Nach einem weiteren kurzen Ausrüstungscheck im Kofferraum, verließ ich danach um 5:35 Uhr das Auto und stieg in meine Tourenbindung.
 
Früher Start am Parkplatz
Mittlerweile hatte es schon leicht zu Dämmern begonnen und ich konnte in Höhe des Eisenerzer Hütterl’s erstmals ehrfürchtig zu meinem heutigen Tourenziel, dem Bosruck, rauf sehen. Es war schon sehr warm und ich konnte schon bald mit nur einem T-Shirt und einer sehr dünnen Jacke weiter aufsteigen. Beim Wegweiser kurz unterhalb der Ochsenwaldkapelle, bog ich in Richtung Mausmayralm ab. Ich folgte einer verschneiten Forststraße durch den Wald, immer den Blick aufmerksam in Richtung Norden gerichtet, um den optimalen Einstieg ins Mausmayrkar zu finden.Kurz vor der Mausmayralm bog ich anschließend links, steil ins Mausmayrkar ein. Nach ca. 150 Höhenmetern kam ich dann aus dem dichteren Wald heraus und stand vor einem sehr steilen Hang, den ich nun hinauf musste. Mit einer geschätzten Pulsfrequenz von ca. 800/min (Achtung Ironie!), stieg ich über den sehr steilen, teils rinnenartigen und teils auch mit Lawinenresten vollen Nordhang empor. Ich liebe es so früh in der Natur unterwegs zu sein und zu sehen wie ein neuer Tag erwacht. Immer wieder blickte ich in Richtung Osten wo schon bald die Sonne aufgehen wird.

Im unteren Teil des Mausmayrkares

 

Ein neuer Tag bricht an
Endlich hatte ich den ersten Teil des Mausmayrkares überwunden und befand mich wieder in etwas flacherem Gelände. Kurz vor dem letzten, wieder sehr steilem Aufschwung im Mausmayrkar, gönnte ich mir anschließend eine kurze Pause. Es war nun kurz nach 6:00 Uhr und ich wollte noch vor 6:30 Uhr das Ende des Kares erreichen.
Doch um dieses Ziel zu erfüllen stand nun ein nochmal sehr steiler und oben auch überwechteter Hang vor mir. Es ging überraschend schnell voran und schon bald stand ich direkt vor der ca. zwei Meter hohen Wechte. Hier musste ich meine Ski abschnallen, da ein Überwinden der Wechte mit Ski unmöglich war. Nach kurzem Fluchen und hartem Kampf mit der Schneewechte, stand ich nun endlich am Ende des Mausmayrkares. Bis jetzt war ich ziemlich schnell unterwegs gewesen. Nach nicht einmal ganz einer Stunde Aufstiegszeit konnte ich also jetzt einen wunderschönen Sonnenaufgang auf ca. 1600 Metern erleben.
Der letzte Aufschwung im Mausmayrkar

 

Diese Wechte musste überwunden werden

 

Die Sonne wird bald hinter dem Hexenturm aufgehen

 

Wunderschöner Sonnenaufgang

 

Sonnenaufgang

 

Sonnenaufgangs-Selfie

 

Sonnenaufgang
Nach einer etwas längeren Pause und Bestaunen des Sonnenaufganges, machte ich mich an die steile Querung hinüber zur Nordrinne des Bosrucks. Nur wenige Meter vom Beginn der Rinne entfernt, grub ich mir mit meiner Lawinenschaufel einen kleinen Standplatz unter einem markanten Felsen, wo ich anschließend meine Steigeisen an den Skischuhen befestigte und die Ski auf meinen Rucksack band. Hier sah ich dann erstmals, dass ein Stürzen in der Rinne absolut nicht erlaubt ist, da kurz nach dem Ende der Rinne ein steiler Felsabbruch folgte.
Der Blick zum Gipfel

 

Nach diesem markanten Felsen geht es steil bergauf.. Beginn der Rinne!

 

Steigeisen sind heute ein absolutes Muss

 

Querung zur Rinne
Nun ging es also los. Ich querte die letzten wenigen Meter direkt in die Rinne und begann mit meinem sehr kräfteraubenden Aufstieg. Im unteren Teil war die Rinne sogar noch etwas vereist, was an und für sich gut für den Aufstieg war, allerdings meine Nervosität vor der Abfahrt nicht schmälerte. Es ging sehr langsam voran und schon bald war die Rinne nicht mehr vereist sondern der Untergrund voll Bruchharsch.
Nach ca. 45 Minuten war ich erst am Ende der ersten geraden Steilrinne und meine Kräfte neigten sich schon ziemlich dem Ende zu. Ich hatte für ca. 300 Höhenmeter noch nie in meinem Leben ganze 45 Minuten gebraucht (Abgesehen vom Klettern natürlich). Die nächsten Höhenmeter versuchte ich im Fels weiter zu kommen, dies entpuppte sich allerdings auch schnell als falsche Entscheidung, da ich so nur noch langsamer voran kam. Nach weitern 10 Minuten erreichte ich das Ende er Rinne. Hier stellt sich nun die Frage ob man rechts in meist sehr vereistem Gelände die letzten ca. 70 Höhenmeter zum Gipfel aufsteigt, oder weiter links über eine sehr steile Schneerampe.
Ich entschied mich für die Schneerampe und stand nach weiteren ca. 10 Minuten, mittlerweile am Sommer-Normalweg (vom Kitzstein kommend), kurz vorm Gipfel. Nach ziemlich genau 2,5 Stunden Aufstiegszeit, hatte ich es endlich geschafft und stand am 1.992 Meter hohen Bosruck- Gipfel.
Am Beginn der Rinne

 

Im unteren Teil der Rinne mit Blick in Richtung Bosruck-Tunnel-Nordportal

 

Schon etwas weiter oben

 

Kurz vorm Gipfel

 

Der 1.992 Meter hohe Gipfel ganz nahe
Nun hatte ich mir eine kleine Stärkung verdient und ließ meine Blicke über die Haller Mauern, das Gesäuse und noch viele andere Gebirgsketten schweifen. Es hatte mittlerweile etwas zugezogen und in Richtung Grimming sah es wettertechnisch gar nicht gut aus. Dies veranlasste mich, so schnell es ging meine Sachen für die Abfahrt bereit zu machen. Ich zog meine Skifelle ab, setzte mir einen Helm auf und verkürzte meine Skistöcke um näher am Hang fahren zu können. Da meine Gedanken zu diesem Zeitpunkt eigentlich nur bei der Abfahrt waren, vergaß ich einen Blick ins Gipfelbuch zu werfen, was eigentlich ziemlich interessant gewesen wäre, da ich zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Spuren ausmachen habe können.
Geschafft!

 

Der Warscheneckstock mit der Wurzeralm

 

Blick ins Xeis

 

Grimming
Dann war es so weit. Ich schnallte meine Ski schon ca. 20 Höhenmeter unter dem Gipfel, beim ersten Schnee-Kontakt, an. Beim Aufstieg über die Nordrinne, hatte ich mir schon eine genau Linie überlegt, die ich nun versuchte so gut es geht ab zu fahren.Ich querte zuerst ca. 100 Meter den Hang, und fuhr anschließend über die sehr steile Schneerampe, die ich auch schon im Aufstieg benutzt hatte, ab. Hier war eine dünne Schneeauflage unter dem harten Untergrund und es machte sehr viel Spaß. In der Mitte der Rampe holte ich erstmals meinen Neigungsmesser heraus und maß gleich mal satte 54° Gefälle. Nach dieser ersten steilen Rampe, ging es einen Tick flacher, aber immer noch sehr steil, weiter hinab in Richtung Bosruck-Tunnel-Nordportal.
Hier war der Schnee wieder sehr sehr bescheiden zu fahren, da der Untergrund (h)arschig war. Anschließend folgte die Einfahrt in die untere Nordrinne, die anfangs wieder etwas besser zu fahren war.
Bei der Einfahrt, maß ich gleich wieder 52° Steilheit. Je weiter ich nach unten kam desto schlechter wurden wieder die Abfahrtsbedingungen. Im mittleren Teil der Rinne maß ich ein letztes Mal nach und kam auf 47° Steilheit. Im unteren Teil der Rinne hieß es dann nochmal extra gut aufpassen, da diese sehr vereist war. Nach 5-6 Schwüngen und einigen Metern Rutschen war aber auch dieser Abschnitt gemeistert und ich querte wieder raus in Richtung Mausmayrkar. Ich hatte es geschafft. Die Nordrinne war befahren. Nun folgte noch eine Traum Firnabfahrt, im schon durch die Sonne aufgeweichten, Mausmayrkar und zurück zum Parkplatz der Bosruckhütte.

Bei der Abfahrt in der Nordrinne

 

Hier bin ich schon abgefahren

 

Abfahrts-Selfie

 

Am Parkplatz wieder angekommen, traf ich erstmals auf eine, aus ca. 10 Leuten bestehende, Gruppe, welche mich gleich überrascht fragte, wo ich hergekommen bin. Als sie danach die Antwort kannten, waren sie teils ziemlich verwundert und fragten mich wie die Bedingungen so waren. Diese Gruppe sollte ich heute nicht zum letzten Mal sehen.
 
Nach dieser kurzen Unterhaltung, machte ich es mir erst mal im Auto bequem und gönnte meinen müden Beinen eine kurze Ruhepause. Nach einem kurzen Telefonat mit meiner Mutter, beschloss ich anschließend, um ca. 9:30 Uhr noch die ca. 500 Höhenmeter zum 1.582 Meter hohen Karleck zu überwinden. Um 9:45 startete ich abermals vom Parkplatz der Bosruckhütte in Richtung Ochsenwaldkapelle. Hier sah ich nochmals respektvoll zur steilen Bosruck-Nordflanke auf, die ich wenige Stunden zuvor überwunden hatte.
Die steile Nordflanke des Bosrucks

 

Ein letzer Blick ins steile Mausmayrkar
Ich kam schnell voran und schon bald überholte ich im Wald die ersten Skitouren-Gruppen, ehe ich die Arlingalmen erreichte. Hier sah ich bereits ca. 100 Meter vor mir die Gruppe, welche mich am Parkplatz noch über meine zuvor absolvierte Tour befragte. Diese staunte nicht schlecht, als ich wieder an ihnen vorbei ging um weiter zum Karleck-Gipfel aufzusteigen.
Arlingeralmen
Ab den Arlingalmen ist es nicht mehr weit bis zum Gipfel. Man folgt nur noch einem kurzen Waldrücken nach Osten und erreicht anschließend über ein winziges Plateau den Gipfel. Das Karleck ist eigentlich ein sehr schöner Aussichtsgipfel und ich konnte abermals fast jeden Gipfel der Haller Mauern in nächster Nähe betrachten. Nach kurzem Smalltalk mit der Skitouren-Gruppe und einer Eintragung im Gipfelbuch des Karlecks, begab ich mich an die Abfahrt. Über eigentlich noch sehr gute Firnhänge fuhr ich zuerst durch den Wald und anschließend noch über einen unbewaldeten, eher flachen Hang bis zur Bosruck Hütte ab. Als ich diese erreichte, hatte die Wolkendecke wieder etwas aufgerissen und strahlend blauer Himmel kam zum Vorschein.
Am “Plateau” des Karlecks

 

Karleck (1.582m)

 

Viel los am Karleck, Der Scheiblingstein hinten schon ziemlich abgeblasen
Mittlerweile war es erst 11:15 Uhr und ich bekam schon langsam Hunger. Also beschloss ich noch einen Ort in Windischgarsten aufzusuchen, den ich auch schon Ende Februar (Skitour Kl. Pyhrgas) einmal besucht hatte. Der 858 Meter hohe Wurbauerkogel ist nicht nur ein schöner Aussichtsberg, nein, man kann auch in dessen Bergrestaurant optimal Mittagessen. Nach einer kurzen Autofahrt und weiteren ca. 250 Höhenmetern konnte ich also einen gelungen Bergvormittag, beim Mittagessen am Wurbauerkogel, mit Aussicht aufs Tote Gebirge sowie den Haller Mauern, ausklingen lassen…
Blick vom Wurbauerkogel aus in Richtung Totes Gebirge (Spitzmauer, Großer Priel, etc.)

 

Wurbauerkogel (858m)

 

Ein letzer Blick auf den Bosruck und seine Nordrinne
..und gemütlich die Heimreise antreten.
Für weitere Bilder des wunderschönen Sonnenaufganges und der heutigen Touren, kann ich euch nur das sich darunter befindende Fotoalbum empfehlen: