Spitzmauer (2.446m)
Linker-Ostwandweg (III)

1.900 Höhenmeter

Bericht & Fotos: Moritz Mayer
Die Spitzmauer ist mit ihren 2.446 Metern der zweithöchste Berg des Toten Gebirges. Nur der Große  Priel ragt hier noch weiter in Richtung Himmel. Von Osten allerdings gesehen, könnte man die Spitzmauer durchaus als schönsten Berg bezeichnen. Grund dafür ist wohl ihre gewaltige 700 Meter hohe Ostwand. Nur wenige kennen die schwer zu findenden Wege durch das mächtige Gemäuer und am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts geriet diese Wand sogar fast in Vergessenheit.
Doch der “Hype” um die alten verlorenen Wege und den immer besseren Austausch bezüglich Bergtouren im Internet, verhilft genau diesen Routen wieder zu altem Glanz.
Grundsätzlich gibt es dort zwei Wege, die am meisten begangen werden. Zum einen die direkte Ostwand und zum anderen den Linken Ostwandweg, der etwas leichter, aber dafür schöner sein soll. Spätestens nach der Ostwand-Durchsteigung unseres Ex-Blog- Kollegen Lampi war auch für mich klar, dass ich dort früher oder später mal durch muss.

Mein Versuch diese mächtige Wand über den Linken Ostwandweg in Angriff zu nehmen, sollte dann schließlich an einem schönen August-Donnerstag stattfinden. Im Vorfeld hatte ich mich gut in diversen Internet-Foren und im Rabeder-Führer (Totes-Gebirge) informiert, so dass ich letztendlich guter Dinge war dieses Ziel endlich von meiner imaginären Liste streichen zu können. Da Gabriel in dieser Woche am Hochkönig zu schaffen hatte, begab ich mich an diesem schönen Augusttag abermals alleine in Richtung Hinterstoder.
Bereits um 2:30 Uhr klingelte der Wecker in der Innviertler-Provinz und eine halbe Stunde später saß ich auch schon im Auto und steuerte in Richtung Totes Gebirge. Am Parkplatz nähe der Polsterlucke angekommen, versuchte ich noch eine halbe Stunde zu entspannen, da die Sonne ja eh erst um kurz vor 6:00 Uhr aufgehen sollte. Um kurz vor 5:00 Uhr ging es dann los und ich stieg nur im Schein meiner Stirnlampe dem Prielschutzhaus entgegen.
Bald wird die Sonne das Stodertal erleuchten

 

Das heutige Ziel rückt bereits in meinen Blickfang 

 

Kurz vor Sonnenaufgang erreichte ich dann auch eine Höhe von etwa 1.000 Meter. Hier begann das erste Abenteuer des Tages. Ich musste den nur sehr schwach ausgetretenen Steig zur sogenannten Ernst-Hütte finden. Dieser sollte bei der letzten Linkskurve vor dem “Gott-Sei-Dank-Bankerl” am Normalweg zum Prielschutzhaus beginnen. Nach kurzen Ausflügen in wegloses Dickicht, fand ich dann auch einen kleinen, nur sehr schwer zu erkennenden Steig, welcher mich in zehn Minuten zu dieser  Ernst-Hütte brachte.

 

Schöne Jagdhütte im Klinserkar

 

Kurz hinter dieser Hütte geht dann ein weiterer Jagdsteig weiter, der einen direkt ins Klinserkar führt. Dort angekommen, trifft man anschließend auf ein sehr ausgeprägtes Bachbett. Als ich dort angekommen war, erwachte gerade unser schönes Land aus dem  Schönheitsschlaf. Die ersten Sonnenstrahlen lächelten vom Himmel und tauchten die umliegende Bergwelt in ein warmes, morgendliches Rot. Wunderschön, diese Momente an denen man weiß, dass man genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist.
Im Bachbett angelangt

 

Die Sonne zeigt sich…

 

…und taucht alles in rot

 

In diesem Bachbett ging es anschließend steil bergauf. Durch die Trockenperiode,  traf ich auch auf fast kein Wasser, welches mir die steilen Felsaufschwünge nass und rutschig hätte machen können. Im Bachbett drehte ich mich immer wieder um und bestaunte den herrlichen Sonnenaufgang.

 

Das steile Bachbett ist teils sehr anstrengend zu begehen

 

 

Einige Zeit später erreichte ich dann das Ende dieses Baches und ich stieg über Wiesen und Schutt weiter meinem heutigen Ziel entgegen. Das mächtige Ost-Gemäuer der Spitzmauer thronte bereits vor mir und ließ meinen Respekt vor der heutigen Tour noch einmal ansteigen. Kurz vor Erreichen des Wandfußes, wurde es abermals sehr anstrengend, da dort riesige Schuttfelder dazu beitrugen, dass man immer wieder zurück rutschte.
Der Ostrawitz (1.823m) präsentiert sich

 

Das heutige Ziel

 

Die knapp 700 Meter hohe Ostwand...

 

…der Spitzmauer (Lawinenkegel)

 

Am Einstieg wechselte ich dann erstmals mein Schuhwerk und füllte mein Kraftreserven auf. Dann ging es los und ich kletterte über eine sehr breite “Rampe” (II-III) nach rechts empor. Anschließend erreicht man eine Art Rinne, die gerade nach oben zieht. Hier muss man dann schauen, dass man irgendwie nach links zu den riesigen Plattenschüssen quert. In der Rinne trift man auf Schrofengelände, in dem man sehr aufpassen muss. (Was im unteren Teil der Wand auch noch sehr auffällig war an diesem Tag, waren die zahlreichen Kreuzspinnen, die sich an jedem Felsen ihre Netze gespannt hatten.)In der “Rinne” hält man sich am besten immer am linken Rand und hält Ausschau nach der erstbesten Möglichkeit um zu queren. Ich sah relativ bald ein Latschenband, das zum queren einlud, allerdings war nach nur wenigen Metern in der Querung auch schon wieder Schluss, da das Gelände zu bewachsen und zu abschüssig war. Also wieder zurück in die Rinne!  20-30 Höhenmeter über dieser ersten Möglichkeit befindet sich ein zweites Band ,das auf den ersten Blick dem ersten sehr ähnelt. Auf diesem Band (ca. 1.870m) kann man aber dann doch fast problemlos bis zu den Plattenschüssen rüber queren (I).

Am Einstieg

 

Die Rampe geht es empor

 

Rampe von oben

 

Hier geht es in die Querung

 

Querung zum Plattenschuss

 

Nun hatte ich die Plattenschüsse erreicht und der weitere Weg ist eigentlich ziemlich logisch. Wichtig ist nur, dass man die oberen Ostwandschluchten voneinander getrennt halten kann und nicht in die falsche Schlucht klettert. Am besten ist hier, wenn man sich nun an den ganz linken Pfeiler hält und einfach in Richtung diesem klettert. In den Plattenschüssen gibt es hunderte wenn nicht sogar tausende verschiedene Möglichkeiten um weiter nach oben zu steigen. Hier kann sich wohl jeder Bergsteiger austoben und in griffigem Fels seine Freiheit genießen.
Am Plattenschuss angelangt

 

 

Tiefblicke

 

Einige Zeit später hatte ich dann auch schon die Linke Ostwandschlucht erreicht. Hier gibt es bereits gewaltige Tiefblicke und vor allem der Ostrawitz (1.823m) präsentiert sich hier von seiner besten Seite. In der Schlucht ist es beim ersten Steilaufschwung wohl das Beste, wenn man diesen soweit links wie möglich klettert, da das andere Gelände sehr steil und brüchig ist. Der weitere Weg durch die Schlucht verläuft anfangs noch direkt in der Rinne. Wenn man anschließend  die Hälfte geklettert hat, sollte man schauen, dass man auch wieder möglichst nahe links am Pfeiler klettert.Der Rest ergibt sich hier aber eh auch ganz von selbst. Direkt in der Rinne wird das Gelände früher oder später so schwer das man gezwungen wird, weiter links zu klettern und am Pfeiler gibt es auch viele verschiedene eng beisammen liegende Linien (II-III) über die man höher in Richtung Ausstieg kommt. In der Schlucht ist das Gestein unberechenbar. Viel loses, brüchiges aber auch teils schrofiges Terrain zwingt jeden Bergsteiger dazu hier genau aufzupassen.

Die erste Steilstufe in der linken Ostwandschlucht

 

Ostwandschlucht!

 

Viele Möglichkeiten!

 

Direkt am Pfeiler

 

Kurz vorm Ausstieg

 

Nach eineinhalb Stunden in der Wand, hatte ich dann auch endlich den Grat erreicht. Am linken Ostwandweg kommt man einige Meter weiter links vom 2.446 Meter hohen Gipfel auf den Grat. Dort heißt es dann nur noch zum Gipfel zu kommen. Am leichtesten geht dies wohl, wenn man wenige Meter nach Westen hin absteigt und sich dann den Weg zum Gipfel bahnt. Schwieriger, aber schöner ist es wenn man direkt am Grat bleibt. Dort muss man aber mit kurzen Stellen im vierten Schwierigkeitsgrad rechnen und wenn man nicht wieder in die Ostwand klettern will muss man auch hier wenige Meter vorm Gipfel noch einmal kurz nach Westen absteigen um den Gipfel zu erreichen.
Am Grat angelangt

 

Nicht mehr weit zum Gipfel

 

Bald ist es geschafft!

 

Am Gipfel war ich dann um kurz nach 9:00 Uhr und der erste Bergsteiger, der den Normalweg benutzt hatte, war auch schon vor Ort. Ein netter, älterer Herr aus Vorderstoder, welcher mir herzlichst zu meiner Tour gratulierte. Dieser sollte später noch einmal eine wichtige Rolle spielen.
Am Gipfel freute ich mich wie ein kleines Kind über meine heutige Tour und genoss die wunderschöne Fernsicht auf den Priel und ins umliegende Land.
Spitzmauer (2.446m)

 

Der Große Priel (2.515m)

 

Stodertaler Prominenz!

 

Nach fast einer Stunde am Gipfel machte ich mich dann an den “Abstieg” über den Normalweg. Bevor ich allerdings ganz nach unten wollte, wollte ich mir noch etwas am Temlberg anschauen.  Als ich aber am Temlberg-Einstieg stand und nochmals meinen Helm aufsetzen wollte, bemerkte ich dass etwas fehlte. Ich hatte wohl mein Handy am Gipfel der Spitzmauer liegen gelassen und ärgerte mich tierisch.Der Temlberg war also nun für heute zu vergessen und wenig später war ich auch schon in der Klinserschlucht. Dort beschloss ich noch dank meiner Dummheit einen kleinen Berglauf einzulegen und rannte über den Stodertaler-Klettersteig in nur 40 Minuten zum zweiten Mal an diesem Tag zum Gipfel der 2.446 Meter hohen Spitzmauer. Die absteigenden Klettersteig-Begeher staunten nicht schlecht, als sie mich zum zweiten Mal sahen und als ich jeden von ihnen fragte ob sie ein Handy gesehen hatten, bekam ich eine verneinende Antwort.

Am Gipfel  angekommen machte sich Ernüchterung breit. Das Handy war auch dort nicht mehr zu finden und meine letzte Chance war, dass es irgendein Wanderer zum Prielschutzhaus mitgenommen hatte. Also wieder zurück. Am Prielschutzhaus angekommen, erblickte ich sofort den einheimischen aus Vorderstoder auf der Hüttenterrasse. Dieser winkte dann auch schon mit meinem Handy zu sich herüber und mir fiel ein Stein vom Herzen.

Am Temlberg wirds heute leider nichts

 

Nochmal rauf auf die Spitzmauer!

 

Bei einem gemeinsamen Bier bedankte ich mich anschließend noch einmal bei ihm und wir erzählten uns gegenseitig Berggeschichten. Der ältere Herr aus Vorderstoder hatte nämlich in jüngeren Jahren jede erdenkliche Route in der Spitzmauer-Ostwand begangen und war auch so ein absoluter Gebietskenner.
Nach zwei Stunden auf der Hütte ging es dann auch schon wieder ins Tal zurück und ich trat nach einem erfolgreichen Tag die Heimreise an.
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