1.490 Höhenmeter, 14,4 Kilometer

Spurarbeit vom Feinsten

von Moritz Mayer

 

Die Fahrbahnmarkierungen der Bundesstraße reflektieren im Autoscheinwerfer. Durch die Geschwindigkeit könnte man fast meinen es wären große Schneeflocken, die vom Wind durch die Gegend getragen werden. Draußen ist es noch dunkel. Der Sonnenaufgang versteckt sich hinter den dichten Wolken, die uns die Sicht in Richtung Himmelreich versperren. Der Wetterbericht verspricht heute leider nichts Gutes. Gabriel und ich befinden uns bereits in Ebensee, wo wir kurz halten um uns ein kleines Frühstück zu gönnen. Wie so oft sind wir an den Ufern des Traunsees, welcher schon längst eine zweite Heimat für uns geworden ist.
Heute allerdings soll es noch ein bisschen tiefer ins Salzkammergut rein gehen. Wir lassen Ebensee, Bad Ischl und letztendlich auch Goisern hinter uns und steuern ein kleines, aber dafür umso schöneres Plätzchen Erde an. Hallstatt, die wohl bekannteste Gemeinde des Salzkammergutes. Sie erinnert ein bisschen an “Bruchtal” aus Herr der Ringe. Eine Gemeinde am Ufer des Hallstätter Sees, umgeben von hohen Bergen und tiefen Tälern. Längst ist die Schönheit dieses Ortes weit über unsere Grenzen bekannt und somit ist es kein Wunder, dass ausgerechnet die Chinesen diese Gemeinde in ihrem Land naturgetreu nachgebaut haben.

Kurz vor Hallstatt, kommt plötzlich Hoffnung auf. Der Himmel reißt langsam auf und die ersten Sonnenstrahlen treffen den Hallstätter See. Ob wir dem schlecht prognostizierten Wetter doch entfliehen können?
Hallstatt ist erreicht. Die Gemeinde schläft noch und nichts erinnert momentan an einen der überlaufensten Touristenorte des Salzkammergutes. Auch wir sind nicht gekommen um hier Urlaub zu machen oder uns an den wunderschönen Bauwerken zu erfreuen. Nein, wir sind zum Bergsteigen hier. Der Plassen, welcher 1.953 Meter über dem Hallstätter See thront, ist der Hausberg der Hallstätter. Ein wunderschöner Aussichtsberg, der auf alle Fälle einen Besuch wert ist und heute unser Tagesziel darstellt.
Doch zuerst muss erstmal ein Parkplatz gefunden werden, was in den engen Straßen und Gassen Hallstatts gar nicht so einfach ist. Man braucht Glück im Leben. Eine nette einheimische Dame, bemerkt unsere verzweifelte Suche und bietet uns einen Parkplatz in ihrer Einfahrt an. Wirklich nett die Hallstätter. Während wir uns anziehen und die letzten Utensilien im Rucksack verstauen, fragt sie uns noch wo wir den hingehen wollen. Als wir mit “Plassen” antworteten, meinte sie: “Passts ja auf! Der ist rutschig im Winter!”
In Hallstatt gehts los!

 

Sie hatte wahrscheinlich keine Ahnung wie Recht sie hatte. Um auf den Plassen zu gelangen, muss man nämlich zuerst auf den Salzberg steigen, der vor allem durch sein hohes Salzvorkommen so bekannt geworden ist. Auf den Salzberg führt ein relativ breiter Wanderweg, der in gefühlten tausend Serpentinen nach oben führt. Gleich zu Beginn hat dieser Wanderweg allerdings nicht an einen Weg erinnert, sondern eher an einen Eiskanal der nächsten Olympischen Winterspiele. Mit Laufschuhen diese vereisten Flächen zu überwinden, war folglich keine leichte Herausforderung und wir waren froh, als nach einigen hunderten Metern die Vereisung wieder vorbei war. Eine der schwierigsten Passagen, der “Hallstatt-Icefall”, war somit überwunden.
Blick auf Hallstatt und den Hallstätter-See

 

Dort drüben ist Obertraun… Harry!

 

Langsam stiegen wir höher und bewunderten die wunderschöne Landschaft um uns herum. Seen, Berge und die Aussicht auf gutes Wetter, erhellten unsere Gemüter. Einige Zeit später erreichten wir dann auch schon den Salzberg, wo uns- und wir glaubten es kaum-, die ersten Sonnenstrahlen ins Gesicht schienen.
Am Salzberg angelangt

 

Den Wetterbericht verfluchend, spazierten wir weiter über eine ziemlich steile, verschneite Straße dem Plassen entgegen. Wir fragten uns wie lange wohl schon keiner mehr am Gipfel des Plassen gestanden war. Später erfuhren wir, dass wir wohl die ersten in diesem Jahr waren. Der Wanderweg 640 war vorerst allerdings noch kein Weg sondern eher eine ewig lange verschneite Forststraße die erstmal eingespurt werden musste. Der Schnee war innerhalb kürzester Zeit durch die Sonne (Wetterbericht???) in grausigen Sulz verwandelt worden und schon bald waren meine Füße nass und kalt.
Den Plassen immer im Blick…

 

gehts die verschneiten Forststraßen entlang.

 

Unten liegt der Hallstätter-See

 

Schon näher am Objekt der Begierde

 

Auf etwa 1.200 Meter, verwandelte sich der Weg 640 dann endlich in einen richtigen Wanderweg und schon bald waren wir in einer fantastischen “Tiefschneelandschaft” unterwegs. Das Spuren wurde zwar anstrengender, doch dafür die Rundum-Blicke immer schöner. Gabriel und ich wechselten uns ohnehin alle 100 Höhenmeter mit der Spurarbeit ab und somit war der Kampf mit dem Schnee erträglich.
Es geht höher und höher

 

Nach einem längeren Waldstück erreichten wir eine Gabelung des Wanderweges. Die eine Richtung führte weiter über den Wanderweg 640 und die andere Richtung auf dem Wanderweg 643. Wir hatten leider keine Karte dabei und überlegten eine Weile welchen wir wohl nehmen sollen. Letztendlich entschieden wir uns auf dem 640er zu bleiben, was die richtige Entscheidung war. Am 643er hätten wir nämlich noch den halben Berg umrunden müssen, bevor der richtige Anstieg auf den Plassen begonnen hätte.
Der gegenüberliegende Sarstein präsentiert sich ebenfalls

 

Dort oben befindet sich der Gipfel des Plassens

 

Rauf, rauf, rauf… Immer schön den Plassen rauf

 

Der Schnee wurde nun immer mehr und mehr und es gab Stellen an denen man bauchnabeltief im Schnee versank. Die Stimmung war allerdings hervorragend und wir spurten fröhlich und munter weiter in Richtung Gipfel. Von links blickte der sogenannte Lahngangkogel (1.755m) auf uns herunter. Ein wirklich sehr imposanter Gipfel, der von uns am Anfang fälschlich für den Vorderen Plassen (1.871m) gehalten wurde.
Lahngangkogel (1.755m)

 

Eindrucksvolle Stimmungen

 

Dort hatten wir uns bereits verirrt gehabt

 

Auf etwa 1.650 Metern, lag dann bereits so viel Schnee, dass die meisten Markierungen nicht mehr zu sehen waren. Dies löste bei uns kurze Zeit später dann leichte Verwirrung bei  aus und wir bemerkten, dass wir wohl nicht mehr am richtigen Weg sein konnten. Steile Felswände und überwechtete Grate versprachen nichts Gutes. Nachdem wir uns ein wenig später wieder orientiert hatten und einen Hang querten, stießen wir wieder auf den richtigen Weg und die “Expedition-Plassen” konnte vorerst weitergehen.
Schutzhölle mit dem Plassen im Hintergrund

 

Der Dachstein beobachtete uns ununterbrochen

 

Nun kamen wir bei einer riesigen Höhle vorbei, in die wahrscheinlich ein ganzer Autobus reinfahren könnte, wenn ihn irgendwer über 1.000 Höhenmeter hier hinauf tragen würde. Der Gipfel war bereits gut sichtbar und es war nur noch ein Katzensprung zu dessen Kreuz, das auf 1.953 Meter Seehöhe steht. Weniger elegant wie es eine Katze tun würde, sprangen wir dann anschließend auch in den Schnee. Der “Gipfelhang” hatte es echt in sich. Gefühlt bis zum Kopf im Schnee mussten wir nun noch 100 Höhenmeter dort hinauf spuren. Laute Schreie, jede Menge Zorn und erbitterter Kampf bestimmten die nächsten Momente.

 

 

Dort vorne ist der Gipfel

 

Spurarbeiten kurz vor dem Gipfel

 

Gabriel ist guter Dinge

Der Gipfel war nach drei Stunden Aufstiegszeit endlich erreicht und das Wetter hatte durchgehalten. Die Blicke ins Salzkammergut und vor allem auf den Dachstein waren unglaublich und unglaublich kalt waren auch meine Zehen am Gipfel des fast 2000 Meter hohen Riesen am Ufer des Hallstätter Sees. Gabriel fotografierte mit seiner neu erworbenen GoPro fast 15 Minuten durch und konnte wie ich gar nicht genug von der atemberaubenden Aussicht bekommen.

Gosaukamm und Hohe Tauern

 

König Dachstein, Mitterspitz und Torstein

 

Nochmal aus der Ferne

 

Gabriel und ich am Gipfel des Plassens

 

Da es allerdings eine unangenehme Kälte am Gipfel hatte und es um diese Jahreszeit auch nicht ewig hell ist, mussten wir nach dieser “kurzen” Gipfelrast auch schon wieder gen Tal steigen. Während wir abstiegen, begann sich das Wetter dann auch, wie prognostiziert zu verschlechtern und die Berge hüllten sich schon langsam in Wolken um den von so vielen ersehnten Neuschnee zu bringen.
Back in Hallstatt

 

Weitere Bilder gibt es wie immer hier: