1.400 Höhenmeter- 14km Wegstrecke
Von Gabriel Egger
Ja, er ist es schon wieder! Der Traunstein, umgeben vom malerischen Traunsee und der dörflich-städtischen Atmosphäre von Gmunden, ist nicht zu Unrecht mein am meisten erstiegener Gipfel und absoluter Lieblingsberg. An Facettenreichtum nicht zu überbieten, sorgt der Wächter des Salzkammerguts immer wieder für unvergessliche Eindrücke. Nach unserer Winterbesteigung Anfang Februar, die mit der kalten Jahreszeit genauso viel zu tun hatte, wie San Marino mit der Endrunde der Fußball-Weltmeisterschaft, sollte am heutigen Tag der Sommer wieder in die Bergflanken und in unsere Gemüter zurückkehren. Obwohl meiner Obsession für den “Stoan”, gibt es immer noch Wege, auf denen ich mich noch nicht dem 1.691m hohen Gipfel genähert habe, und so liegt es nicht fern , heute die schwarzen Flecken auf der virtuellen Landkarte etwas aufzuhellen.
Gemeinsam mit Sengseng-Profi Michael beginne ich meinenTraunstein-Trip, wie immer, am Ostufer-Parkplatz, der den Ausgangspunkt für den Aufwärmmarsch durch die Lainau-Tunneln darstellt. Motiviert lassen wir den Einstieg zum gewohnten Natufreundesteig links liegen und spazieren monoton, und stetig leicht ansteigend, zur eingewinterten Mairalm.
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Ein letztes Aufbäumen des Winters auf dem Weg zur Mairalm |
Unterhalb der Mairalm und gleichzeitig unterhalb eines großen Schuttfeldes, kann man den Grat, der uns heute nach oben bringen soll, bereits gut ausmachen. Hier sollte man nicht den westlicheren Südgrat erwischen, der etwas links nach oben schießt, denn dann wagt man sich in Klettergelände mit dem Schwierigkeitsgrad IV. Von Beginn an weisen aber Steinmänner den Weg und so können wir uns in der strahlenden Sonne in die Hände spucken und die ersten Felspassagen anpacken.
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Heiß auf mehr- Der Südgrat bäumt sich vor uns auf |
Hat man den Einsieg ersteinmal gefunden, kann man den Weg kaum mehr verlieren, bewegt man sich doch immer direkt am Grat aufwärts. Wirklich unangenehme Stellen können auch links umgangen werden, bleibt man auf den Felszacken, so darf man einige Kletterstellen im III. Schwierigkeitsgrad bewältigen.
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Typisches Südgrat- Gelände. Links oberhalb der tiefliegenden Mairalm kann man einen der beiden Faschingsskasperl erkennen |
Während Michael es vorzieht heute noch keine nackten Tatsachen zu präsentieren, kann ich den gesamten Anstieg ohne T-Shirt absolvieren. Dies soll nicht die Aufmerksamkeit etwaiger Modelagenturen auf mich lenken, sondern lediglich darstellen, mit welchen Temperaturen der heurige Februar aufwartet. Nach anregender Kletterei ist auch bald das 2008 eröffnete Steigbuch erreicht und wir können uns neben namhaften Traunstein-Größen wie Lampi , Schnäppchenjägern wie Assi oder Kampfzwergen wie Dani verewigen. Viele wagen sich aber nicht über den brüchigen Südgrat nach oben- 2014 sind Michael und ich erst die zweite seilfreie Seilschaft. (Achja, an dieser Stelle dürften wir uns über eine Winterbegehung freuen- das wäre aber pure Heuchelei oder um es mit einer leidgeplagten Zwerg-Staat- Metapher auszudrücken: Wie ein San Marino- Erfolg über Gastgeber Brasilien- der Fantasie entsprungen)
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Der wunderbar sonnige Anstieg verleitet die Hüllen fallen zu lassen |
Wir freuen uns, ob der wunderbar schneefreien Verhältnisse und müssen dennoch ständig konzentriert sein- ein Fehltritt kann auch hier fatal enden. Nach fast 900 Höhenmeter durchgehender Kletterei, verlassen wir das Felsgelände und haben ein Latschenparadies vor uns. Nun, ab etwa 1.550m Seehöhe, beginnt auch der Schnee und der weitere Wegverlauf verliert sich unter einer weißen Sulzdecke. Im Sinne des Faschings, schlagen Kasperl und Seppi natürlich den falschen Weg ein und finden sich inmitten der ewigwährenden Bergkiefern wierder.
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Durchgehend luftig führt der Südgrat nach oben |
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Michael lässt seinen Blick Richtung Priel-Kette schweifen |
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Letzte Kletterpassagen vor dem Ausstieg ins Latschendickicht |
Wir bahnen uns aber unseren eigenen Weg aufs Traunstein-Plateau und erreichen einen Ausstieg, der zwar nicht üblich ist, uns aber ebenfalls in wenigen Metern zum großen Kreuz bringt. Wir genießen die letzten Schritte in der strahlenden Sonne und sind uns einig, dass der Südgrat eine mehr als lohnende Alternative zu den ausgelutschten Anstiegen wie Hernler- oder Naturfreundesteig ist.
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Die letzte Erhebung, dann steht auch Michael am Gipfel |
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Das etwas eigene Gipfelbild |
Wir rasten kurz am Gipfel und Michael kann mit seinem mitgebrachten Camembert der Dekadenz fröhnen, während ich meine Halbschuhe vom geschmolzenen Schnee befreie. Wir entscheiden uns für den Abstieg über den Natufreundesteig und genießen noch fast eine Stunde das Panorama von der Sonnenterrasse des Natufreundehauses, bevor es mit den letzten Sonnenstrahlen wieder zurück ins Tal geht.
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Retour zum Naturfreundehaus |
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“The Classic- View” |
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Die Sonne verabschiedet sich über dem Höllengebirge |
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Bis bald, geliebter Traunstein! Und: Bis morgen, fescher Brunnkogel! |
Glücklich mit der Routenwahl marschieren wir in der Dunkelheit wieder zum Parkplatz und treten die Heimreise an! Zufrieden mit dem Beweis, dass man auf meinem Lieblingsklotz noch immer Neues erleben kann, plane ich bereits meine Tour für den nächsten Tag. Der Traunstein wird zumindest wieder im Blickfeld sein 😉
Und wer diesen Traumberg noch weitere Minuten im Blickfeld haben will, der soll sich an den weiteren tollen Bildern erfreuen! Hier gilt mein Dank auch Paparazzi Michael!
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