2.300 Höhenmeter, 32km Wegstrecke

Lange geplant- endlich durchgeführt: Die Durchschreitung des Reichraminger Hintergebirges. Immer wieder sprachen wir in den letzten Monaten von diesem Projekt, doch das Wetter präsentierte sich zu traumhaft, um nicht auf höheren Bergen die Sicht in die Ferne zu genießen. Die unsichere Wetterprognose, die aber zumindest keinen Niederschlag versprach, veranlasste uns diesen Plan wieder aus der imaginären Schublade zu holen. Das vorherrschende Phänomen des Sahara-Sandes, der seit Tagen die Luft im österreichischen Alpenraum verunreinigt und die angenehmen Temperaturen kamen uns dann schließlich soweit entgegen, dass wir der Kamm-Überschreitung endlich eine Chance gaben- und im Endeffekt hätten wir uns dann doch schönes Wetter gewünscht. Es sind nicht immer die hohen Berge, die faszinieren können- auch neue, spannende Wege und einsame Pfade lassen das Herz des begeisterten Alpinisten höher schlagen.

Nachdem uns Matthias sicher nach Kleinreifling kutschierte, das sich dank der Abgelegenheit  wunderbar als Drehort zu einer Fortsetzung von “In drei Tagen bist du tot” eignen könnte, starten wir unsere Tour direkt bei der Kirche nahe dem Ortszentrum. Zuvor aber haben wir zwei Räder bei der Niglalm, unserem späteren Ankunftsort deponiert, um die 6km zurück nach Kleinreifling nicht per pedes absolvieren zu müssen.
Motiviert beginnen wir nun den Anstieg zum Ennsberg (1.373m), dem Hausberg der Kleinreiflinger, der sich später als unspektakulärer Hügel herausstellen wird. Erst über Forststraßen, dann über nett angelegte Steige erreichen wir bald den Ennsboden, von dem aus wir bereits feststellen müssen, dass sich offensichtlich die ganze Sahara in Bewegung gesetzt hat- die Sicht beträgt in etwa 10km.

Der verwachsene “schwere Steig” Richtung Hühnerkogel kürzt lediglich die Forststraße ab
Am Ennsboden

Vom Ennsboden geht es vorerst wenig steil Richtung Hühnerkogel- die Markierungen sind oft vergilbt, was der Wanderung eine zusätzliche Spannung verpasst. Folgt man dem markierten Weg Richtung Hühnerkogel erreicht man eine Scharte, von der aus es in Windeseile möglich wäre den Ennsberg mitzunehmen. Wir aber sind zu ungeduldig und bahnen uns unseren eigenen Weg zwischen Windwurf und Unkraut auf den mit einem Sendemasten gekennzeichneten Gipfel.

Typisches Szenario: Überklettern von umgefallenen Bäumen

Vom Ennsberg geht es am Kamm und durch herrliche Waldabschnitte dem Hühnerkogel entgegen. Die Aussicht wäre hier wahrscheinlich schon formidabel, aber wir geben uns mit einer Konditionstour um unsere Fitness zu testen, ebenso zufrieden. Wenn man nicht zu viel erwartet, wird man schließlich auch nicht enttäuscht. Nach etwas mehr als 2 Stunden erreichen wir den Gipfel des Hühnerkogels und rasten zum ersten Mal um unseren weiteren “Leidens”weg unter die Lupe zu nehmen. Der gegenüberliegende Almkogel, den ich vor wenigen Wochen als Sonnenuntergangsberg auserchoren habe, ist unser nächstes Ziel- und auch leider das Einzige, das wirklich klar ersichtlich ist. Nun geht es in wenigen Minuten an den 250 Höhenmeter umfassenden Abstieg um beim Übergang auf 1.216m den prominentesten Gipfel des Reichraminger Hintergebirges in Angriff zu nehmen.

Am Hühnerkogel (1.474m), rechts der Almkogel- Am Kammweg sind noch Wieser und Langlackenmauer zu erkennen

Der Almkogel ist schnell erreicht und hier treffen wir auch die einzigen Bergkollegen an diesem Tag, die sich etwas über unsere heutigen Pläne wundern. Nicht verwunderlich, so ist die Bodenwies vom Almkogel kaum noch zu erkennen. Wir sind aber weiter frohen Mutes und beginnen mit dem Weiterweg Richtung Wieser (1.427m), der mit einem herrlichen Grasplateau zu einigen Minuten der Ruhe einlädt.

Am Almkogel (1.513m)

Matthias ist ob des Ausmaßes dieses Winter-Überbleibsels verwundert
Der Wieser regt zum hohen Luftstand an

Vom Wieser geht es in wenigen Minuten zur Langlackenmauer, die mit einer ganz kurzen Klettereinlage für Abwechslung sorgt. Der Berg wurde vor kurzer Zeit in “Gasselsberg” umgenannt, was aber den Einheimischen Begehern so gar nicht schmeckt und wir sehen von einem Eintrag ins Gipfelbuch ab.  Darüber weiters wenige Gedanken verschwendend ziehen wir Richtung Ochsenkogel weiter, wo sich das mitgebrachte Gipfelbier in meinem Rucksack verflüchtigt.

Kurze Kletterpassage vor der Langlackenmauer

Vom Ochsenkogel muss man nun wieder etwas weiter absteigen um über das Reiflingeck den teils sehr steilen Wiederanstieg zum Waldgipfel des Hochzöbels zu beginnen. Der Weg, der durch umgefallene Bäume erschwert wird, bleibt aber durchgehend interessant und wir sind weiterhin erfreut, dass sich nicht einmal der Ansatz von einem “Winter-Comeback” abzeichnet.

Am Ochsenkogel (1.444m)

Vorbei an Salamandern und prächtigen Frühlingsblumen erreichen wir den Hochzöbel, den vorletzten Gipfel unserer Reise über die Berge des Reichraminger Hintergebirges. Hier legen wir uns kurz ins weiche Laub und gönnen unserer Beinmuskulatur eine kurze Verschnaufpause. Das installierte Gipfelbuch hält bereits seit 8 Jahren und wird es bei dieser Besucherfrequenz auch noch ein weiteres Jahrzehnt schaffen. Von hier aus ist es übrigens möglich über den Hirschkogelsattel zur Anlaufalm abzusteigen, sollten die Kräfte für den knapp 300 Höhenmeter umfassenden letzten Anstieg zur Bodenwies nicht mehr reichen. Die Bodenwies übrigens hat es mit uns noch nie wirklich gut gemeint. Im Winter 2011 ließ sie von ihrem Gipfel keinerlei Sicht zu, 2013 zerstörte ein Gewitterregen alle Hoffnungen auf einen Gipfelaufenthalt und dieses Jahr hat sich die Sahara entschlossen uns ein wenig Sand zu schenken. Naja, alle guten Dinge sind vier…oder so.

Auf dem Weg zur Bodenwies

Nach insgesamt acht Stunden, Pausen mitinbegriffen, erreichen wir den wunderschönen Gipfel der Bodenwies. Zuvor mussten wir zum ersten Mal am heutigen Tage einige lästige Schneefelder queren, die unsere Halbschuhe böswillig durchnässten.

Und täglich grüßt das Murmeltier: Keine Sicht auf der Bodenwies (1.540m)

Nach einer kurzen Pause laufen wir Richtung Niglalm, wo unsere Drahtesel bereits sehnsüchtigst auf uns warten. Ein wirklich unterhaltsamer und toller Tourentag, der trotz ungünstigen Wetterbedingungen, das hielt, was er versprach, geht zu Ende und wir können zufrieden mit der Abfahrt nach Kleinreifling beginnen. Matthias radelt eloquent auf seinem Rennrad den Berg hinab, während ich auf seinem alten Jugendrad mit der Bremsfähigkeit hadere.

Abfahrt nach Kleinreifling

Ihr aber sollt nicht hadern und euch die Bilder der langen Tour zu Gemüte führen! Aufbereitet, wie gewohnt, in einem schönen Fotoalbum: