Matterhorn (4.478m)
Bericht & Fotos: Moritz Mayer
Höhenmeter: 3.000
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Es war circa 14:00
Uhr als ich in Täsch angekommen war. Am Vormittag war ich ja noch am
Lagginhorn unterwegs und somit schon etwas müde. Die nächste
Herausforderung bestand nun darin nach Zermatt zu kommen. Und dies
ist gar nicht so einfach, da Zermatt ja bekanntlich autofrei ist.
Also parkte ich mein Auto in einer der vielen Parkgaragen von Täsch.
Ich habe mir die Park-Institution Schaller ausgesucht, welche wohl
die billigsten Preise dort hat. Für drei Tage (zwei Nächte) zahlte
ich 16 CHF Parkgebühren. Anschließend packte ich noch meine
Alpin-Utensilien für eine Matterhorn-Besteigung zusammen und nahm
gemeinsam mit einigen Touristen in einem Taxi-Bus (10 CHF) Platz um
wenige Minuten später in Zermatt anzukommen. (Es würde auch einen
Zug von Täsch nach Zermatt geben der 8,40 CHF kosten würde.)
In Zermatt
deponierte ich erstmals meine Sachen in der Bahnhofstraße und
bewunderte anschließend die vielen Shops und Restaurants die
wirklich alles hatten, was man sich als Bergsteiger nur wünschen
konnte. Zufällig war am nächsten Tag auch der Matterhorn-Ultraks und somit waren heute bereits viele internationale Trailrunner auf
den Straßen von Zermatt unterwegs.

In der Bahnhofstraße
Welcome to Matterhorn-Ultraks!
Anschließend
erblickte ich zum ersten Mal in meinem Leben das Matterhorn (4.478m)
live. Ein wirklich beeindruckender Berg! Frisch verschneit blickte es
in Richtung Zermatt herunter und ließ mich in Ehrfurcht erstarren.
Am Vormittag hatte ich bereits auf der Hörnlihütte angerufen und
nach den Bedingungen am Matterhorn gefragt. Als Antwort hatte ich
bekommen, dass momentan keinerlei einheimische Bergführer unterwegs
sind und dass seit einer Woche kein Mensch mehr am Gipfel war. Also
sehr schwierige Verhältnisse am Hörnligrat, welche meine
Gipfel-Ambitionen gegen null gehen ließen. Dennoch wollte ich es
probieren, allerdings unter der Bedingung, dass ich bald genug
umdrehen würde, falls etwas dort oben nicht nach meinen
Vorstellungen passieren würde. Da ich das Ganze noch dazu als
Tagestour von Zermatt aus durchziehen wollte, war bereits jetzt klar
dass ich sehr bald starten müsste um genug Zeit zu haben.
Das Objekt der Begierde!

 

In Zermatt erinnert
sehr vieles an das Matterhorn. Es  ist längst eine Marke  und somit trägt fast jedes Gebäude irgendwo den Namen
dieses Mythos-Berges. Auch auf den Straßen findet man Schilder der
Erstbesteiger und auf dem Zermatter Friedhof regieren die Gräber der
verunglückten Bergsteiger.
Zahlreiche Tafeln und Schilder die an das Matterhorn erinnern

 

Auch am Friedhof findet man viel Matterhorn-Opfer
Am Abend ging es
dann früh in die Federn, da am nächsten Tag bereits um 2:00 Uhr
morgens der Wecker klingeln sollte. Also versuchte ich bereits um
19:00 Uhr zu schlafen, jedoch konnte ich durch die extreme Nervosität
lange nicht einschlafen und lag hellwach da. Um Punkt 2:00 Uhr
klingelte der Wecker und ich saß im „Bett“. Kurze Zeit später
fand ich mich auf den nächtlichen Straßen Zermatts wieder. Während
die letzten touristischen Nachtschwärmer gerade nach Hause gingen,
befand ich mich bereits am Weg zur Hörnlihütte (3.260m), welche
mein erstes Zwischenziel sein sollte. Doch zuvor musste ich erstmal
die gut 1.000 Höhenmeter zur Schwarzsee-Bergstation (2.583m)
zurücklegen. In dunkelster Nacht bewegte ich mich nur mit dem
schmalen Lichtkegel meiner Stirnlampe vorwärts. Unten im Tal
leuchteten die Lichter von Zermatt und links und rechts von mir
reflektierten immer wieder die grünen Augen von Gämsen, Steinböcken
und Schafen.
Dann erreichte ich
endlich die Bergstation der Schwarzsee-Seilbahn. Nun waren es noch
gut 700 Höhenmeter zur Hörnlihütte (3.260m) und ich sah bereits
die ersten Stirnlampen am Anfang des Hörnligrates herab leuchten. Da
die Dunkelheit mein Orientierungsvermögen ziemlich einschränkte und
mich zugleich eine Baustelle verwirrte, verirrte ich mich kurz vorm
Hirli (2.889m) und lief in die falsche Richtung
(Matterhorn-Glacier-Trail). Als ich bemerkte, dass ich falsch war,
sprintete ich mit einer Wut im Bauch wieder zurück und fand nach
circa 15 Minuten wieder den richtigen Weg.
Bei der Schwarzsee-Bergstation
Um circa 5:45 Uhr
erreichte ich dann endlich die Hörnlihütte auf 3.260 Metern. Es
hatte schon leicht zu dämmern begonnen und viele „Hüttenschläfer“
warteten auf der Hüttenterrasse auf den Sonnenaufgang. Ich stärkte
mich anschließend auch mit Cola, Apfelsaft und einer Packung
Toblerone und bestaunte die unverwechselbare Zermatter-Skyline beim
Erwachen.
Das Horu!

 

Das Wallis erwacht abermals

 

Um 6:25 Uhr
erreichte ich dann den Einstieg des Hörnligrates. Hier deponierte
ich meine Stecken und kletterte über die erste Steilstufe, welche
mit Fixseilen versichert ist. Danach folgten noch einige Stellen im
zweiten (II) Schwierigkeitsbereich, ehe es auf der Ostseite des
Grates weiter auf schwach ausgetretenen Wegen ging. Bereits hier war
eine geschlossene Schneedecke und somit konnte ich den Spuren meiner
Vorgänger folgen. Der Gipfel des 4.478 Meter hohen Matterhorns war
bereits in der Sonne und das Wallis erwachte abermals. Dufourspitze,
Zinalrothorn, Dom, Weisshorn… ach, ich könnte ewig so weitermachen.
Ab jetzt gehts los!

 

Unglaubliches Panorama

 

Nachdem ich die
ersten drei Couloire überwunden hatte und etliche Kletterstellen im
oberen zweiten Grad, stand ich direkt auf dem Grat auf einem Turm.
Kurz davor helfen noch einmal Fixseile um leichter nach oben zu
gelangen. Trotz der guten Spuren habe ich mich bis zu diesem
Zeitpunkt schon einmal verlaufen gehabt und bin zu weit in die
Ostwand gequert. Also für eine eigene Matterhorn-Besteigung
unbedingt gut im Internet recherchieren, da die Wegfindung im unteren
Bereich äußerst schwierig ist!
Die Sonne kommt in die Ostwand

 

 

Tiefblicke zur Hörnlihütte

 

Sonne!

 

Zinalrothorn und Co!
Nun ging es wieder
leichter ,aber sehr ausgesetzt und steil, weiter nach oben. Man
klettert hier eigentlich immer in der Ostwand und nicht direkt am
Grat. Kurz vor dem „Faulen-Eck“ begegnete ich den ersten
Bergsteigern die gerade am Abstieg waren. Sie meinten in gebrochenem
Englisch , dass sie den Gipfel nicht erreicht hatten, da sie zu müde
waren und es einfach zu viel Schnee oben hatte. Auch die nächsten
,denen ich kurze Zeit später begegnete, berichteten ähnliches und
meinten das auf der Solvayhütte (4.003m) letzte Nacht acht Personen
geschlafen hätten und nur zwei probierten es heute weiter auf den
Gipfel.
Eine wirklich beeindruckende Pyramide

 

Schönes Wallis!
Nach dem
„Faulen-Eck“ erfolgten die ersten Schlüsselstellen kurz unter
der Solvayhütte (4.003m). Die erste ist das sogenannte Gebiss,
welches eine sehr ausgesetzte Steilstufe im oberen zweiten Grad ist.
Kurz danach folgt dann auch schon die untere Moseleyplatte, die mit
III- angegeben ist. Diese fand ich persönlich aber nicht so schwer
und wenig später erreichte ich auch schon die Solvayhütte auf 4.003
Metern. Hier machte ich eine kurze Pause und begegnete zwei Spaniern.
Sie meinten, dass in wenigen Stunden das Wetter umschlagen könnte.
Da aber für mich weit und breit keine Anzeichen von schlechtem
Wetter zu sehen waren, kletterte ich links hinter die Hütte die
Obere Moseleyplatte (III-) empor.
Dort oben wartete bereits die Solvayhütte

 

Bergsteiger in der Unteren Moseleyplatte

 

Solvayhütte (4.003m)

 

Die kurze Querung zur Oberen Moseleyplatte
Ab nun wurde es sehr
anstrengend und mein Tempo verminderte sich rapide. Die Höhe war für
mich hier schon deutlich zu spüren und die Spur war auch nicht mehr
wirklich gut. Hier waren wohl in den letzten Tagen wirklich nur ganz
wenige Leute unterwegs. Nach einer weiteren Stunde (seit
Solvayhütte) erreichte ich die Schulter auf circa 4.200 Meter. Hier
konnte ich schon auf den Gipfelgrat sehen, in dem einige Fixseile
hingen. Wenig später begegnete ich einer Zweierseilschaft, die
gerade im Abstieg war. Das waren die zwei, die auch auf der
Solvayhütte geschlafen hatten. Sie meinten, dass sie einfach zu
erschöpft wären und nichts mehr riskieren wollen, aber das Wetter
sicher nicht so schnell umschlagen würde. Ein kleiner Stein fiel mir
von Herzen, da ich ab nun realisierte, dass ich es eventuell zum
Gipfel schaffen könnte.
Kurz vor der Schulter

 

An der Schulter angelangt

 

Mit fantastischen Tiefblicken
Doch nun folgte
erstmals der Gipfelgrat, welcher es wirklich in sich hatte. Es hängen
zwar überall Fixseile am Grat, aber dennoch ist das Hinaufziehen an
denen so extrem anstrengend, dass ich mehrmals ans Aufgeben dachte.
Dort muss man sich nämlich über teils überhängende Felspassagen
auf dicken, schwer zu greifenden Stoffseilen hochziehen. Ich hatte
zuvor schon ein paar Mal gelesen gehabt, dass dies anscheinend so
anstrengend war, aber dass es dann wirklich so kommen würde und so
extrem stark sei hätte ich nicht gedacht.


Am Gipfelgrat hängen nochmal viele Fixseile
Dann war ich am
„Unteren Dach“ angelangt und es waren nur noch wenige Höhenmeter
zum Gipfel. Plötzlich sah ich, dass kurz vor mir eine Zweier- Seilschaft ist, welche gerade den Gipfel erreicht hatte. Ich war
überglücklich, dass ich es schaffen würde.
Wenige Meter vorm Gipfel
Dann war es soweit. Nach 4:30 Stunden im Hörnligrat
stand ich am Gipfel des Matterhorns (4.478m). Vor mir nur eine
Seilschaft ,die gerade zum italienischen Gipfel rüberstapfte. Ein
Traum war wahr geworden und ich ließ mich am Schweizer Gipfel in den
tiefen Schnee fallen. Als ich wenig später etwas gegessen hatte, sah
ich gerade zwei Personen die über den Liongrat den italienischen
Gipfel erreicht hatten. Wahnsinn! Bei diesen Bedingungen echt eine
irre Leistung. Wenig später waren die beiden dann auch schon bei mir
am Schweizer Gipfel und wir gratulierten uns gegenseitig. Dann
bemerkte ich, dass meine Wasservorräte nun endgültig aufgebraucht
waren. 
Summit!

 

 

Unglaubliches Panorama

 

 

 

 

Nun
wusste ich, dass der Abstieg extrem hart und kräfteraubend werden
würde. Beim Abstieg bis zur Solvayhütte
(4.003m) musste ich fast alle 10 Höhenmeter stehenbleiben, um meine
Lunge wieder mit Sauerstoff zu füllen. Als ich nach langen drei
Stunden wieder bei der Solvayhütte war, machte ich eine längere
Pause und trank Apfelsaft , der wahrscheinlich schon über zwei Wochen
in der Hütte in einer Ecke lag. Dann erfolgte der weitere Abstieg
in Richtung Hörnlihütte. Hier hängte ich mich bei einem
französischen Bergführer an ,welcher seinen Gast immer wieder
abseilte und somit nicht allzu schnell unterwegs war. Kurz vor der
Hörnlihütte bekam ich dann noch einmal extreme Kopfschmerzen und
mir wurde sehr übel. Der Flüssigkeitsentzug machte sich immer mehr
bemerkbar und wenig später verkrampften sich dann auch immer wieder
meine Finger.
Dann
nach fast sechs Stunden im Abstieg hatte ich es endlich geschafft. Die
Hörnlihütte war erreicht und ich konnte endlich meine Vorräte
wieder auffüllen. Ich war überglücklich und stolz. Nun konnten
sich auch meine Familie und Angehörigen, die mitgefiebert hatten,
wieder entspannen und wussten, dass ich wieder in Sicherheit war.


Endlich ist der lange Abstieg geschafft
Jetzt mussten nur
noch die restlichen 1.700 Höhenmeter nach Zermatt abgestiegen
werden. Beim Abstieg über die leichten Wanderwege sah ich noch zu
wie sich das Matterhorn wieder in Wolken hüllte und die Sonne
langsam unterging. Um kurz nach 20:00 Uhr erreichte ich nach 18
Stunden auf den Beinen wieder Zermatt und war überglücklich, dass ich
diesen Berg von meiner Liste streichen kann.
Goodbye Wallis

 

Das Matterhorn hüllt sich in Wolken

 

 

 

Schon bald bin ich wieder in Zermatt
Am nächsten Tag
trat ich dann wieder die lange Heimreise an. Kurz zuvor traf ich noch
meine zwei Spanier von der Solvayhütte, die meinten, dass es auf der
Hörnlihütte (3.260m) schon wieder schneit.
Also
auch in den nächsten Tagen schlechte Horu-Bedingungen!
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