Gastbeitrag von Michael Wiesinger

Aktivurlaub im Atlantischen Ozean

Auch wenn der letzte Urlaub mit den Alt-Vorderen schon einige Jahre zurück lag, wollten sie wieder einmal die alten Zeiten hochleben lassen. Nicht zuletzt der Geburtstag des männlichen Elternteils gab Anlass dazu. Nachdem im Jänner der Winter doch noch kräftig Einzug in die heimischen Gefilde gehalten hat, zog es uns in den sonnigen Süden. Genauer gesagt in das ~3600km entfernte La Gomera.

– primer día –


Los geht’s um 11:00 Uhr in Wien-Schwechat, wo ein Mann mit roter Kappe eine Maschine für den Flug nach Teneriffa bereit gestellt hat. Auf der, vom Massentourismus geprägten Insel, geht’s mit dem Taxi von Teneriffa Sur zum weiter westlich gelegenen Fährhafen(Los Cristianos). Die Uhr wird um eine Stunde zurück geschraubt, der Abend bricht sowieso viel zu schnell herein und bei der Abfahrt um 19:00 ist es dann auch schon stockdunkel.

Sonnenuntergang am Anfahrtstag

 

Die Ankunft auf La Gomera um 20:00 Uhr, wird von einer 1.5 Stunden langen Taxifahrt bis ins Valle Gran Rey und unzähligen Serpentinen gekrönt. Trotz aller Magenverstimmungen und den teils großen Erinnerungslücken im Spanisch-Wortschatz, der für das Gespräch mit dem Taxi-Fahrer gut gewesen wäre, geht’s danach noch auf ein “Dorada” (Anm.: kanarisches Bier).

– Segundo día –

Die Strapazen des Vortages werden in der Früh durch einen Blick von der Terrasse vergessen gemacht. Der Blick ins Valle Gran Rey, die Höhenzüge des “La Merica” und der “Las Pilas” bauen sich vor den Augen auf.

 

Hochebene des La Merica (790m)
Las Pilas (li.: 667m) mit Tequergenche (re.: 516m)

An diesem Tag entscheiden wir uns für den “Kirchenweg”, der uns auf die Erhebungen “Las Pilas” und Tequergenche führen wird. Der Name des Weges erschließt sich daraus, dass er einige “Ermitas” (Einsiedlerhäuschen/geistliche Bauten) verbindet. Der Aufstieg ist, wie auf fast allen markierten Wanderungen, vergleichsweise einfach. Die Wege sind meist bis zu den Hochplateaus aus lokalem Gestein gelegt bzw. begrenzt.

Bevor es zu “Las Pilas” geht, kommen wir noch süd-östlich am Montana del Adivino (743m)
vorbei
Auf “Las Pilas” – andere Länder andere Sitten – auf unserer Reise begegneten wir keinen
Gipfelkreuzen, jedoch meistens Spuren lang zurückliegender Zivilisation.
Am Gipfel von Las Pilas
Folgt man dem Weg auf dem Hochplateau, kommt man zum einen auf den “Tequergenche”,
zum anderen zu einen Sammelpunkt mit einem grandiosen Blick ins Tal.
Rechts im Bild lugt “La Merica” hervor, im Tal einige Ortsteile des Valle (Vueltas (Hafen), La Puntilla, Borbalán,..). Der Rückweg führt mich zu einem Ableger der Hochebene, die mich magisch anzog. Oben angekommen bemerke ich auch, warum es mich hierher verschlug. Auf der Schattenseite des Berges entdecke ich Gabriel, Matthias und Moritz die eine Pause einlegten.
Blick vom “Tequergenche”
Gabriel. Matthias und Moritz
Eine bald abblühende Aloe-Pflanze(Art unbekannt).
Pünktlicher Beginn des Nachtlebens um 19:00 
-tercer día – Die Vater-Sohn-Tour 
Nachdem “Las Pilas” erklommen war, sollte an diesem Tage die andere Seite (span.: la otra
banda) des Valle Gran Rey bewandert werden. Der Einstieg zur “La Merica”-Ebene befindet
sich im Ortsteil “La Calera”, unvermittelt zwischen den Häuserfronten. Laut Reiseführer wäre
der Aufstieg vor 10:00 sinnvoll, da sich sonst die Sonne früh bemerkbar macht. Im Januar, bei
gemütlichen 20°C und einer leichten Brise, stört die Sonne jedoch kaum. Mit gemütlichen
Schritten geht’s in einer Stunde bis zur Hochebene und danach in 20 Minuten bis zum Gipfel
(hier ein Vermessungspunkt).
Rundblick vom Vermessungspunkt aus
Weiter geht die Reise in Richtung “Arure”, ein kleines Dörfchen mit einem eigenen
Aussichtspunkt, perfekt für eine Mittags mit Meeresblick.
Unterwegs Richtung Arure

Gestärkt geht es weiter Richtung “Las Hayas”, leider finden wir den gekennzeichneten Friedhof nicht, von wo aus ein Wanderweg abzweigen soll. Wir schlagen uns also über eine quasi unbefahrene Straße durch und folgen dem was wir sehen – Landschaft, Landschaft, Landschaft. In Las Hayas angekommen, gleichen wir unsere Wanderkarte mit der Infotafel des Tourismus-Büros ab und beschließen nicht allzuviel Zeit in diesem Dorf zu verlieren. Leider gehen die Auffassungen der Abstiegs-Route etwas auseinander und ich verliere meinen Weg-Begleiter schon einige hundert Meter nach der Ortstafel. Mein Abstieg war zwar auf den Karten nicht gekennzeichnet, jedoch auf Steinen gut markiert.

Grandiose Ausblicke
Letztendlich komme ich aber dann doch einige Zeit vor meinem Vater ins Tal und wir teilen
uns die letzten vier Kilometer bis zum Appartement. Die ganze Tour rund um das Valle Gran
Rey schlug sich mit ca. 27km und 1100hm zu Buche, sie hatte nicht nur grandiosen Ein- und
Ausblicken in Täler, Wirtschaftsweisen und Menschen zu bieten, sondern gab uns auch die
Möglichkeit der gemeinsamen Leidenschaft: dem Wandern intensiv nachzugehen.
 – cuarto día – 
Die lange Tour des Vortages zollte bei meinem Vater seinen Tribut, müde Knochen und der
heutige Geburtstag “zwangen” ihn im Bett zu bleiben. Ich hatte somit die Möglichkeit
frühmorgens (7:00) alleine durchzustarten – Der Sonnenaufgang auf La Merica war mein Ziel.
Da ich die Tage zuvor nicht darauf geachtet hatte, wann genau die Sonne aufgeht, war ich
knapp 30 Minuten zu früh am Berg und hatte somit viel Zeit um der Insel beim Erwachen zu
zusehen.  Um 8:15 ist die Sonne am Himmel und vom Tal herauf treibt den Wandersmann das Getöse
der Busse weiter. Ich statte dem Gipfel noch einen kurzen Besuch ab und verabschiede mich
wieder ins Tal zum gemeinsamen Frühstück.
Das Video vom Sonnenaufgang ist hier zu sehen:
http://1drv.ms/1Kw9vv8
-quinto día – 
Der fünfte Tag brachte den Entschluss den Tafelberg (“La Fortaleza” [1243m]) zu erklimmen.
Mit dem Bus geht es von Vueltas aus los nach “Chipude…
Chipude
..und von dort in einer gemütlichen dreiviertel Stunde bis auf den Gipfel.
Wegverlauf zum Tafelberg
Oben angekommen, finden wir zur Abwechslung doch ein Gipfelkreuz vor. Viel spannender
ist jedoch die Tatsache, dass es sich auf dem Gipfelplateau um eine Kultstätte der
Ureinwohner (Guanchen) handelte, die in riesigen Steinkreisen ihre Riten abhielten.
Nach einer kurzen Rast, geht es spontan weiter in den Nationalpark Garajonay, wo die
Spuren des Waldbrandes (2012) noch zu sehen, aber bereits am Verschwinden sind.
Junge Triebe schaffen es durch die Harz-Kanäle an die Oberfläche der verkohlten
Kiefernstämme und immer wieder der Blick zurück auf La Fortaleza.
Die Natur wehrt sich
La Fortaleza
Nach einer guten Stunde erreichen wir den Aussichtspunkt “Miradador de Igualero”, der dem
höchsten Berg der Insel (dem Garajonay) im Süden vorgelagert ist.
Am Aussichtspunkt
Wie auf dem Bild zu sehen ist, kriechen von Osten langsam dicke Wolken über die Insel und
es kühlt spürbar ab (10-15°C), ich trenne mich von meinen Eltern, die den bereits
begangenen Weg nach Chipude einschlagen. Mich treibt es noch auf den höchsten Gipfel
der Insel, den “Alto de Garajonay” (1478m), der sich und mich in dichte Wolken hüllt. Ein
paar Meter unterhalb fängt die Hochfläche des “Regenwaldes” an, der leider auch unter den
Waldbränden vor drei Jahren gelitten hat.
Die hohen, abgebrannten Baumheiden-Stämme zeigen was die ca. drei Jahre alten Triebe
noch vor sich haben.
Im Laufschritt geht’s über Stock und Stein wieder nach Chipude, wo ich bei einem Dorada
auf die ältere Generation warte um wieder gemeinsam den Bus ins Tal zu nehmen.
– sexto día – 
Für den sechsten Tag war ein Besuch bei “Efigenie” (Restaurant La Montana) in Las Hayas
geplant. Die weibliche Elternschaft verzichtete aufgrund eines lädierten Knies auf die längere
Wanderung und würde die Distanz im Autobus bewältigen, wodurch auch die Ankunftszeit
um 13:40 in Las Hayas bestimmt wurde.
Für meinen Vater und mich bedeutete dies eine Startzeit von 9:30. Aufgrund körperlicher
Ermüdungs-Erscheinungen ging es für ihn quasi eben im Valle Gran Rey dahin und danach
quasi direkt nach Las Hayas (weiß-gelber Pfad bei Los Descansaderos). Mein Weg führte über
den Lechepfad (zweigt vom Kirchenpfad ab) auf den süd-östlichen Höhenrücken (“Las Pilas”
u.a.) des Valle Gran Rey.

Grandiose Landschaft auf etwa 800m Seehöhe

Kurz nach der Wegkreuzung wechsle ich die Seiten, und während auf der Sonnenseite des Lomo del Pino ([Berg-]rücken der Kiefer) angenehm warm war, nieselt es auf der Schattenseite bei dezentem Wind. Die Wolken verdunkeln sich zusehends wodurch ich einen neuen Wegbegleiter bekomme, der mich vom Blick auf den steilen Weg abhält.

Der neue Wegbegleiter

Die im obigen Bild erkennbaren Funktürme am oberen, rechten Bildrand sind mein Zwischenziel, da sich hinter ihnen die Ortschaft “Las Hayas” befindet.

Über Rinnen und leichte Kletter-Einlagen geht’s ruck-zuck und nur den Steinmandern folgend, ins Tal nach “La Vizcania” (~420hm). An der Straße angekommen, gehe ich nach rechts und ca. 400m danach komme ich schließlich auch zu dem Weg in Los Descansaderos (frei übersetzt: die sich Ausruhenden), den mein Alt-Vorderer eingeschlagen hatte. Für Ausruhen ist leider keine Zeit, da ich auf meiner Route abseits des Normal-Weges viel Zeit liegen gelassen habe. Es ist kurz nach Mittag, für die bevorstehenden 600hm und ca. 4,5km Weglänge bleiben mir also noch etwas mehr als eine Stunde. Nachdem das Wetter nun wirklich drückend, feucht und kalt geworden war, wurde der Weg außerordentlich rutschig und die Vorsicht schlich sich ein. Mit einem guten Tempo erreiche ich jedoch den 970m hohen Aussichtspunkt (=Mirador) in 45 Minuten, der Ausblick entschädigt für die Strapazen.

Ausblick vom “Mirador”

Im Laufschritt geht’s nach Las Hayas, wo ich dann überpünktlich um 13:30 ankomme. Kurz nach dem Betreten des Restaurants “La Montana” beginnt es draußen bei knackigen 7°C heftig zu stürmen. Die Heimreise treten wir dann mit dem Bus an. Kurzer Exkurs: “La Montana” wurde bis vor fünf Jahren von Efigenie(vermutlich 90+ Jahre) geleitet, die das Restaurant in den 1940ern gegründet hatte. Seit 2010 schaut sie ihren Lehrlingen auf die Finger. Dienstags bis sonntags gibt es das selbe, leckere Menü. Die Küche bietet regionales, traditionelles Essen, welches seines Gleichen sucht. Neben selbstgemachtem Brot mit rotem Mojo (scharfes Ziegenkäse-Pesto) als Vorspeise – wird zum Hauptgang “Gofio” mit einem sehr schmackhaften und warmen Gemüse-Eintopf gereicht. Dazu gibt’s Avocado-Bananen-Salat und eine feurig-scharfe Sauce. Wie dieses Gericht am Teller zuzubereiten ist, erklärt einem der freundliche Kellner/Küchengehilfe. Zur Nachspeise wird ein Mandelkuchen im Palmenhonig-Hemd gereicht und das Ende des lukullischen Mahls bildet ein g’schmackiger Digestiv (hausgemachter Kräuterlikör).

 – séptimo día – 

Gemäß dem Motto: “Am siebten Tage sollst du ruh’n und keine großen Schritte tun”, besuchen wir noch den Fruchtgarten im “Rosa de la Dama” (entspr. Barancco de Argaga) und ziehen noch einige Runden im atlantischen Ozean.

Ein formidabler Ausklang

Viele weitere schöne Fotos könnt ihr euch nun im nachfolgenden Fotalbum ansehen!
Wir sagen DANKE für den wunderbaren Beitrag!