1.750 Höhenmeter, 18 Kilometer Wegstrecke


Schon bei der Ankunft am Bahnhof in Roßleithen, bei der gestrigen “Überlaufung des Sengsengebirges” stellte ich Überlegungen für den nächsten Tag an. Recht einfallen wollte mir aber, auch aufgrund des unsicher prognostizierten Wetters, nicht sonderlich viel und so verließ ich mich kurzerhand und äußerst bequem auf meinen Tourenpartner Hans. Dem würde schon was einfallen, dachte ich mir. Eingefallen ist dem jungen Sportler im Kostüm eines alten Herren  zwar einiges, doch angesteuert wurden diese Ziele nie. Sämtliche Autobahnabfahrten wurden passiert, bis mir kurz vor Salzburg eine Unterredung mit meiner alten Freundin Dani einfiel, die sich gemeinsam mit ihrer besseren Hälfte von “Do gehts auffi” (Ich verspreche der verlinkende Wahnsinn hat nun ein Ende) für den heutigen Samstag die Überschreitung des Hochstaufen vorgenommen hatte. Weil ich die Beiden schon länger nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte, stand die Entscheidung schnell fest: Wir wollen uns ebenfalls in benachbartes Gebiet wagen und von Bad Reichenhall den Aufstieg zum Hochstaufen angehen.

Leider fällt mir beim Gedanken an den Hochstaufen auch immer die unrühmliche Geschichte von 1993 ein. Damals erschossen zwei junge Ausbrecher die Wirtsleute des Reichenhaller-Hauses und zerstörten die vorherrschende Idylle in 1.750 Metern Seehöhe. Für knapp 1.500 Deutsche Mark und ein paar wenige Lebensmittel wurden mit etlichen Schüssen zwei Menschenleben ausgelöscht und viele Angehörige und Freunde in tiefe Trauer gestürzt. Die Verbrecher konnten gefasst werden, doch die Schatten dieser Tat beherrschen noch heute die Umgebung. Wenn es schon am Berg keine Sicherheit vor Habgier, Neid, Mord und Totschlag gibt, ist es wohl um unsere Welt schon sehr schlecht bestellt. Doch das ist wohl eine ganz andere Geschichte.

Hans und ich starten, mit trödelnder Verspätung, unsere Tour am Parkplatz bei der Padinger Alm und steigen nach wenigen Metern auf dem Normalweg nach links in den Goldtropfsteig ein, der sich steil durch Wiesen, Wald und Felsen zieht. Eine willkommene Abwechslung zum Normalweg, sind doch heute einige Staufen-Besteiger unterwegs. Durchgehend mit roten Punkten markiert und ohne nennenswerte Schwierigkeiten (wenige Stellen I) leitet dieser unter der Goldtropfwand auf schnellstem Wege zum Gipfel.  Das Wetter präsentiert sich noch durchwachsen, was uns durchaus in die Karten spielt, weil es gilt Philipp und Dani einzuholen, die sich knapp 2 Stunden vor uns auf den Weg gemacht haben.

Am Goldtropfsteig

Die warmen Temperaturen lassen ein paar nackte Tatsachen zu und nach etwas weniger als zwei Stunden stehen wir vor dem (freilich geschlossenen) Reichenhaller Haus.

Wunderbare Tiefblicke nach Reichenhall
Das Reichenhaller-Haus (1.750m)

Wir lassen uns kurz von den Blicken nach Salzburg und zum durchaus imposant wirkenden Nockstein begeistern und absolvieren dann die letzten Meter zum Gipfel.

Blick ins Flachland
Am Gipfel des Hochstaufen

Nun ist es an der Zeit den ersten Anruf zu tätigen um den Fortschritt der Unternehmung unserer Freunde abzufragen. Steven Spielberg hätte wohl Hans und mich für die Hauptrollen in “Catch me if you can” engagiert, hätte er unser Engagement auf der “Jagd” nach Dani und Philipp mitbekommen. Vom Hochstaufen geht es schnell wieder zurück zum Reichenhaller Haus und wir folgen dem markierten Abstieg zur Padinger Alm etwa fünfzehn Minuten, bevor bei einer Abzweigung Stahlseile und ein Wegweiser den weiteren Verlauf zum Mittelstaufen angeben.

Abzweigung zum Mittelstaufen

Ein paar kurze, seilversicherte Felsaufschwünge hinter uns gebracht, stehen wir am Mittelstaufen, wo wir uns nicht lange aufhalten. Nun geht es in ständigem Auf-und Ab, mal am Stahlseil, mal auf kurzen verschneiten Passagen, mal im Dreck aber immer durchaus abwechslungsreich hinüber zum Zennokopf. Das Tückische an dieser Tour sind die nicht zu unterschätzenden Gegenanstiege, die einem der Grat anfangs nicht recht offenbart.

Rückblick vom Mittelstaufen in Richtung Hochstaufen
Der Weiterweg Richtung Zwiesel (1.782m)

Nach dem letzten Abstieg und der Querung eines Geröllfeldes (immer ausreichend markiert) geht es die letzten knapp 350 Höhenmeter auf den Zennokopf, der sich nur wenige Höhenmeter unterhalb des Zwiesels befindet.

Hans am Weg zum Zwiesel, im Hintergrund der Zennokopf

Vom Zwiesel aus können wir unsere Freunde bereits sehen, die es sich am Gamsknogl bereits gemütlich gemacht haben. In knapp 25 Minuten erreichen wir den letzten Gipfel der “offiziellen” Überschreitung und erfreuen uns an den zutraulichen Dohlen, die es mir nicht leicht machen meine mitgebrachten Köstlichkeiten zu verspeisen. So teilt der Vogel nun mit dem Vogel.

Gamsknogl in greifbarer Nähe
Der Vogelflüsterer

Dani und Philipp, die uns immer wieder gewartet hatten, treffen wir dann schließlich bei der Kohleralm und gemeinsam gilt es noch zwei Gipfel abzugrasen. So werden aus fünf Gipfeln unverhofft gleich sieben unbekannte Bergspitzen, wobei man den Scharnkopf wohl eher als Hochebene bezeichnen sollte. Über einen mit grün-weißen Kreisen markierten Steig erreichen wir das Gruberhörndl und lassen uns von den einheimischen Salzburgern die Umgebung erklären.

Do gehts auffi & Bergaufundbergab am Gruberhörndl

In Folge bringt uns Philipp’s Handynavigation bei erheiternden Gesprächen noch auf den Scharnkopf und über schmale Waldsteige zum Parkplatz Jochberg. Eine sehr lohnende Runde in netter Begleitung geht also zu Ende und macht Lust auf weitere Touren in dieser Umgebung.

Wie wir zurück zum Parkplatz bei der Padinger Alm kamen, ist dann wieder eine andere Geschichte….

Die “magischen” Momente könnt ihr euch nun im folgenden Fotoalbum ansehen: