1.600 Höhenmeter, 16 Kilometer Wegstrecke
Nach einem halben Jahr ist der “Bergtürke” zurück

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“Vom Winde verweht”- Neu verfilmt im Toten Gebirge. Was 1939 schon für Furore auf amerikanischen Leinwänden sorgte , ließ auch im Dezember 2014 so manche Haare zu Berge stehen. Während der US-amerikanische Kassenschlager aber zum kommerziell erfolgreichsten Werk der Filmgeschichte avancierte, konnte das Remake nicht ansatzweise daran anknüpfen. Der erste Fehler war wohl die leichtsinnige Vergabe der Hauptrollen: Statt verliebter Menschen, die sich zu Zeiten des Sezessionskrieges im Findungsprozess befinden,  gab man den beiden Österreichern Gabriel und Markus (besser bekannt als der Bergtürke) die Chance sich auf der großen Bühne zu beweisen. Statt der Hauptstadt Georgias wählte man als Drehort das Hauptdorf des winterlichen Skizirkus in Oberösterreich. Während aber Apres-Ski und Pistenspaß in Hinterstoder wegen der mangelnden Schneeauflage noch ein vorweihnachtlicher Wunschtraum blieben, konnte man sich gegenüber, im Mekka der ambitionierten Bergsteiger, noch ohne nennenswerte Schwierigkeiten austoben.

Mit den ersten Sonnenstrahlen starten wir heute am Parkplatz Polsterlucke mit dem Plan nocheinmal vor Jahreswechsel und Wintereinbruch auf dem höchsten Gipfel des Toten Gebirges zu stehen. Wir haben uns heute für die “Zwei-Schuh-Technik” entschieden und starten in den Laufschuhen, während wir die steigeisenfesten Bergschuhe auf den Rucksack gebunden haben. So kommen wir auch sehr flott voran und stehen schon nach etwa 75 Minuten beim geschlossenen Prielschutzhaus. Vorerst waren uns aber erste beeindruckende Blicke zum Gipfel vergönnt, die besonders Markus in ehrfürchtige Starre versetzten. “Da sollen wir heute rauf?”. Was er nicht aussprach, konnte man seiner Mimik entnehmen.

Der erste Blick zum winterlich scheinenden Großen Priel

Während wir beim Aufstieg noch von tiefliegenden Wolken begleitet wurden, gibt es beim Prielschutzhaus strahlenden Sonnenschein und wenig Wind. Begeistert vom wunderbaren Ambiente lassen wir kurz auch die sagenhafte Spitzmauer auf uns wirken, bevor wir weiterhin in den Laufschuhen den Weg ins Kühkar antreten. Ich will nur kurz anmerken: Wir schreiben den 19. Dezember 2014. Der Weg zum Schutzhaus war gar ohne einen einzigen Schneekontakt möglich, und bis knapp auf 1.900 Meter Seehöhe schien sich das Blatt nicht zu wenden.

Die Spitzmauer im morgendlichen Licht
Herrliche Nebelstimmungen beim Aufstieg zum Prielschutzhaus, hier der Ostrawitz
Kurz vor dem Schutzhaus reißt die Wolkendecke endgültig auf
Jackpot!

Ohne Probleme und doch recht zügig, erreichen wir das weitläufige Schuttfeld vor dem Kühkar. Die erste Windböe erfasst uns und macht uns darauf aufmerksam, dass der Wetterbericht wohl doch nicht ganz Unrecht hatte. War bislang kein Lüftchen zu verspüren, braust uns der Wind nun orkanartig um die Ohren. Nach einem schneebedingten Wechsel auf die Bergschuhe lassen wir unsere Unternehmung nicht abblasen und kämpfen uns nun auf immer härter werdendem Untergrund nach oben.

Strahlender Sonnenschein über der Wolkendecke
Weiterhin fast zur Gänze schneefrei geht es aufwärts
Die Ausblicke ins Windischgarstener Becken sind famos

Bald kommen wir in den Genuss von eisigen Platten und Schneekristalle, die sich von der Oberfläche heben, peitschen uns hemmungslos ins Gesicht. Die ersten Zweifel kommen auf, haben wir doch nur ein paar Steigeisen mitgebracht. Die überaus warmen Temperaturen haben aber gegen den eisigen Wind verloren und die nun kommende Steilstufe der Brotfallscharte mit einer unbändigen Eisschicht überzogen.

Auch vor der Brotfallscharte gibt es schon nennenswerten Kontakt mit dem Eis

Trotz aller Querelen erreichen wir das Kühkar und sehen einer schneearmen Brotfallscharte entgegen. Schon die Querung zur ersten Seilversicherung ist ohne Steigeisen fast unmöglich und ebenso unsinnig. In Sisyphos-Arbeit und mit der ehemals beliebten Technik des “Stufenschlagens” kann ich mich unter großem Zeitaufwand zum ersten Seil durchschlagen. Markus folgt, bewaffnet mit Steigeisen und Pickel, bedächtig. Doch mittlerweile entlädt sich  der Wind immer öfter und beinahe durchgehend in Böen um die 100 Stundenkilometer und an einen sicheren Aufstieg ist nicht mehr zu denken. Die Fernsicht wäre zwar ohne jeglichen Zweifel grandios, doch der Wind am exponierten Grat würde den Spaß wohl um etliche Stufen zurücksetzen. Auf knapp 2.200 Metern ist dann Schluss: Ohne großes Jammern, was bei mir normalerweise mit einem Abbruch einhergeht, kehren wir um und lassen uns vom Wind wieder zurück zum Prielschutzhaus blasen. Weil wir aber nicht ganz ohne Gipfel die Heimreise antreten wollen, steigen wir noch auf den Hüttengipfel und können uns mit dem Bloßkogel noch über eine neue Erhebung freuen. Hier lässt es sich, dank der frühlingshaften Temperaturen, auch ohne Leibchen aushalten und wir genießen das mitgebrachte Bier.

Am Bloßkogel mit Blick in die Brotfallscharte (Bildmitte)

Den Bloßkogel erreicht man sehr gemütlich, meist durch Latschen wandernd, in nur wenigen Minuten vom Prielschutzhaus und dessen Gipfel ist seit wenigen Monaten mit einem kleinen Holzkreuz geschmückt. So können auch Priel-Besteiger, die sich zwei Tage lang dem Aufstieg widmen, noch am Vorabend einen kleinen Ausflug machen. Knapp eine Stunde genießen wir die Sonne, bevor wir auf der windgeschützen Bank des Schutzhauses noch ein weiteres Mal auf den gelungenen Abbruch anstoßen (Oder auf die nicht gelungene Priel-Besteigung? Das dürft ihr euch aussuchen 🙂 ) .

Aussicht vom Bloßkogel

Im Eiltempo geht es wieder zurück zum Auto, von wo aus wir einen letzten Blick zum Gipfel werfen. Ein Rückzug hat immer eine positive Note: Man kommt wieder….

Ihr könnt auch wiederkommen und euch die wenigen, aber recht schönen Fotos, vom heutigen Tag im Album ansehen: