2.125 Höhenmeter, 20 Kilometer
Ein Bericht, der “Niemals aufgeben” schreit

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Den Schafberg kennt ein jedes Kind. Früher mit der Oma und der Schafbergbahn raufgefahren und oben ein Eis bei schöner Aussicht über die Seen genossen, ist er heute zum “Sonnenuntergangsberg” avanciert. Die fantastische Rundumsicht und seine einzigartige Lage versprechen immer wieder besondere Stimmungen.

Vergangenen Sonntag sollte sich das Wetter im Laufe des Tages bessern und schon schrillten die “Schafberg-Alarmglocken”. Weil der Weg über die Schafbergalpe schön langsam langweilig wird, wollte ich mir den Purtschellersteig mal im Winter ansehen. Hans  war, wie so oft,  mit von der Partie und wir starten vom Parkplatz bei der Hupfmühle (550m) in St. Wolfgang und marschieren die lange Forststraße nach oben bis zu den Auerriesen (971m). Der wenige Neuschnee ist kein Problem und auch zeitlich ist noch ein großer Spielraum vorhanden, tummeln sich doch über dem Schafus noch die Wolken.

Noch gibt es viele Wolken über dem Gipfel

Ab hier wird es nun etwas beschwerlicher und bis zum Mönichsee liegt doch einiges an altem Schnee, der uns nicht oft an der Oberfläche behält. Wir kämpfen uns zuerst weglos über einen Waldschlag, später zwischen Fichten und Tannen im Tiefschnee zum wunderbar gelegenen See, der mir im Sommer schon an manchen heißen Tagen ein guter Freund war.

Heute lädt der Mönichsee nicht wirklich zum Baden ein

Wir steigen also bei der Abzweigung am Mönichsee in den Purtschellersteig ein und kommen vorerst gut voran. Der Schnee bleibt zwar weiter tief und windverfrachtet, doch ist er nun etwas härter geworden. Auf etwa 1500 Metern ist dann aber plötzlich Schluss. Weil ich heute mit meinen Winterlaufschuhen (Salomon Snowcross CS) unterwegs bin, stellen mich die nun folgenden ordentlich zugewehten Querungen mit einer dicken Eisschicht darunter, vor ziemliche Probleme. Hans probiert es behutsam und kommt auch auf die andere Seite, während sich vor ihm, auf dem eigentlich harmlosen Weg, die nächste eisdurchzogene Querung auftut. Ich winke nach den ersten Schritten ab. Viel zu wenig Halt habe ich auf dem Eis und weil wir im Sommer doch größere Projekte als den Schafberg geplant haben, möchte ich diese nicht unnötig aufs Spiel setzen.

Nach dieser Querung ist unser Ausflug am Purtschellersteig leider schon wieder vorbei

Auf selbigem Weg, etwas enttäuscht aber immer noch hochmotiviert, steigen wir in unseren Spuren zurück und kaum haben wir die Abzweigung erreicht, spurte ich auch schon Richtung Himmelspfortensteig davon. Auch dieser Ausflug sollte nicht von langer Dauer sein. Begleitet von Hans Schimpftiraden, die angesichts der völlig unverfestigten Schneedecke nur allzu verständlich waren, queren wir einen Hang und ich kann auf den Weiterweg zum Mittersee blicken. Ab hier wäre ein Weiterkommen zwar möglich, aber völlig sinnlos gewesen. Mit entschuldigendem Blick spurte ich also wieder zu Hans zurück und wir brechen auch den zweiten Versuch am sonst so einladenden Touristengipfel ab.

Auch der Himmelspfortenlauf führt nicht ins Ziel

Also- wieder retour zum Ausgangspunkt. Ist beinahe so ,als würde man bei einem Gameboy-Spiel Game-Over gehen und wieder bei Level 1 starten müssen. Weil ich aber noch genauso starrsinnig bin wie beim Pokemon-Spiel, will ich noch nicht aufgeben. Wir beschließen um 14.20 Uhr vom Gasthof Aschauer den dritten Versuch zu starten, diesmal über die Bahntrasse und den “Normalweg”. Gesagt, getan.

Über die Bahntrasse geht es schnell aufwärts

Wir sputen uns und marschieren auf den stillgelegten Gleisen im äußerst steilen Gelände Richtung Schafbergalpe. Ab 1.200 Metern beschließe ich meine Schritte zu beschleunigen und mir das Gefühl eines Schafberglaufs zu holen. Mittlerweile stecken wir in einer dicken Nebelschicht, die sich aber immer mehr auflöst, je höher wir steigen. Ein letzter Blick zurück zu Hans und schon kann es losgehen. Pausen gibt es kaum mehr. Sehr selten bleibe ich stehen und knipse ein Foto.

Und dann kommt das, was ich erhofft hatte: Die hohe Nebeldecke reißt auf und bietet unfassbar geniale Stimmungen. Er ist (fast) immer eine sichere (Nebel)-Bank unser Schafberg.

Die hohen Wolken machen unserem Lieblingsplaneten Platz

Ich blicke auf die Uhr. Eine Stunde bin ich bislang unterwegs. Eine innere Freude und die Klänge von Rage Against The Machine lassen mich auch noch die letzten Höhenmeter zum Hotel Schafbergspitze im Eiltempo absolvieren. Nach 69 Minuten stehe ich am Gipfel und bin stolz auf meinen neuen Schafberg-Rekord, den Moritz und ich im Zuge unseres “Projekt 4” aufgestellt hatten (1h19min). Jetzt schon merke ich, dass es bitterkalt werden würde, doch die umherziehenden Wolken, die Sonne und das Glücksgefühl lassen mich die Temperaturen vorerst vergessen.

Eine Insel im wellengepeitschten Meer
Auf der Schafbergspitze stauen sich die Wolken

Nach 95 Minuten kommt auch Hans nach und wir teilen uns brüderlich einen Energieriegel, bevor wir Knipsen, was das Zeug hält. Diese Stimmungen müssen doch auch festgehalten werden, oder? Wir ziehen uns an, was der Inhalt unserer Rucksäcke hergibt und warten auf den Untergang der Sonne, der die Umgebung in sanftes Licht taucht.

Die Wintersonne geht über den Berchtesgadener Alpen unter
Fotografieren und Staunen am Gipfel
Dachstein und Gosaukamm im letzten Licht des Tages

Die Kälte zwingt uns nach einem langen Gipfelaufenthalt wieder zurück ins Tal und so zweigen wir bei der Schafbergalpe (1.350m) wieder auf die Gleise ab und sind in etwas mehr als einer Stunde wieder am Parkplatz. Schlussendlich haben wir über 2.000 Höhenmeter und 20 Kilometer zurückgelegt.

Wer sich diesen Beitrag liest, dem werden wohl folgende Gedanken ins Hirn schießen: “Was sind das für Kasperl?” “Haben die überhaupt keine Ahnung?” “Der Geist ist schwach, aber das Fleisch ist willig”. Verständlich.

Ich will diese Unternehmungen aber einmal mehr mit einem gekonnten Faden, aus Peter Parkers rechtem Handgelenk, mit dem Leben verbinden. Wir alle machen Fehler. Das ist menschlich und ein naturgegebener Entwicklungsprozess. Was wäre aber wenn wir bei jedem Fehler, den wir machen, einfach das Handtuch schmeißen? Wenn wir einfach nicht weitermachen würden. Aus Angst erneut zu versagen oder aus Angst vor Spott und Häme? Viele wunderbare Dinge würden uns verborgen bleiben. Sowie auch uns heute ein fantastischer Sonnenuntergang verwehrt geblieben wäre. Unzufrieden und launisch hätten wir die Heimreise angetreten und uns womöglich auch noch gegenseitig beschuldigt. Niemals aufgeben. Alles ist möglich. Giotto.

Und weil ich den Bericht nicht mit einem solch seichten Witz beenden möchte, lasse ich diese Handlung unserem Fotoalbum über: