Ein Schicksalsberg und seine Kinder

17,30km, 1.460hm

Von Moritz Mayer
Einst, vor vielen Jahren herrschte ein mächtiger König über das Berchtesgadener Land. Seine Macht allerdings nutzte er nicht für gute Taten. Er fand Gefallen daran, Mensch und Tier zu quälen und auf seinen blutrünstigen Streifzügen versetzte er das hügelige Land in Angst und Schrecken. Sein Name: Watzmann.
Eines Tages allerdings nahm sich Gott um dessen Taten an.  Er beschloss ihn für seine unrühmlichen Sünden zu bestrafen. Das wunderschöne Berchtesgadener Land sollte endlich von seinem dunklen Herrscher befreit werden und somit ließ er den König zu Stein erstarren. Doch nicht nur der König wurde versteinert, mit ihm auch seine Frau und seine fünf Kinder. Seit diesem verhängnisvollen Tage thronen sie hoch oben über dem Königssee und Touristen aus aller Herren Länder können die schrecklich böse Familie bestaunen.
Mittlerweile ist es, man glaubt es kaum, wirklich Winter geworden und Gabriel, ich sowie unsere Tourenski befinden uns auf dem Weg ins ehemalige Herrschaftsgebiet von König “Watzmann”. Allerdings wollen wir heute nicht seiner Majestät selbst einen Besuch abstatten, sondern seinem ebenso mächtigen dritten Kind auf die Pelle rücken. Dieses wird mit seinen vier Geschwistern von Mama Watzmann und Papa Watzmann schon seit tausenden Jahren in die Mitte genommen.

Das dritte Watzmannkind wird allerdings auch, ähnlich wie sein jüngerer Bruder (fünftes Watzmannkind), vor allem im Winter nicht nur von der eigenen Familie beäugt. Zahlreiche Sportler steigen mit  ihren Tourenski durch das Watzmannkar auf um sich anschließend am Rücken der armen, hilflosen Kinder, im Pulverschnee zu vergnügen. Welch Ironie, dass genau wir Menschen, die vom König am meisten gehassten Lebewesen, nun wieder so des Watzmann’s Nähe suchen.
Am Parkplatz Hammerstiel
Unsere Skier haben wir bereits angeschnallt. Doch sind wir heute nicht die einzigen. Am Parkplatz Hammerstiel tummeln sich etliche Gleichgesinnte, die heute wohl ähnliches vor haben. Der Wanderweg 444 ist gut mit Schnee bedeckt und somit können wir gleich am Parkplatz unsere Ski anschnallen. Auf den ersten eher flachen Kilometern, schwärmt Gabriel ununterbrochen von seinen neuen Tourenskiern frisch aus dem Salewa-Store und auch sonst ist die Stimmung wie immer ein Gedicht.
Am Wanderweg 444 sieht es ganz gut aus

 

Dort hinten versteckt sich der Hochkalter
Schon bald erreichen wir dann auch die Schapbachalm (1.040m) und wir beginnen kurz zu zweifeln, ob wir denn auch wirklich auf dem richtigen Weg sind. Der König, seine Frau und deren fünf Kinder beobachten uns bereits mit skeptischen Blicken. Ob sie wohl heute gnädig zu uns sind?
Schapbachalm (1.040m)
Dann bewegen wir unsere Tourenski auch schon im Wald. Die ersten Spitzkehren warten auf uns und es geht endlich direkter dem Watzmannkar entgegen. Ohne Spur wäre der Abschnitt durch den Wald mit Sicherheit kein Leichtes gewesen.
Der Blick auf Königin und König wird frei

 

Durch den Wald geht es weiter aufwärts

 

Kurz vorm Watzmannkar
Die Kührointalm lassen wir unbeachtet links liegen und touren am Falzsteig (422) ein kleines Stück weiter, ehe es wieder etwas steiler nach links in den Wald rauf geht. Das Watzmannkar begrüßt uns mit der ein oder anderen Windböe und schon langsam wird auch der Blick auf des Königs Kinderlein frei. Am dritten Kind erreichte gerade eine Gruppe Tourengeher den Gipfel und wir könenn es kaum erwarten, endlich selbst auf dem 2.232 Meter hohen Dritten Kind zu stehen. Das winterliche Watzmannhaus (1.928m) lässt sich ebenfalls nicht lumpen von seinem Sockel herabzugrüßen.
Im unteren Bereich des Watzmannkares

 

Watzmannhaus

 

Dort vorne liegt unser Ziel
Langsam aber doch nähern wir uns immer mehr dem Dritten Watzmannkind. Im oberen Teil des Watzmannkares kommen uns dann die ersten Skifahrer entgegen und berichten von fantastischem Pulverschnee am Gipfelhang. Am Fuße des vierten Watzmannkindes überlegen wir kurz ob wir auch das fünfte Kind besteigen sollten, entscheiden uns aber letztendlich dagegen und queren ein Stück zum Fuße des dritten Kindes (2.232m).
Im Angesicht des Königs…

 

…geht es weiter hinauf.

 

Querung zum dritten Kind
Nun wird es steiler und wir steigen zwischen dem zweiten und vierten Kind, unserem heutigem Ziel entgegen. Mit zunehmender Höhe werden die Spitzkehren immer anspruchsvoller, aber dafür die Aussicht ins gelobte Land immer spektakulärer. An einer steilen Engstelle kurz vorm Gipfel, verzweifeln wir kurz an vier Spitzkehren, die technisch wirklich sehr anspruchsvoll sind und uns alles abverlangen. Ganz kampflos wollte sich des Watzmann’s Sohn dann doch nicht geschlagen geben.
Die Watzmannfrau ähnelt der Spitzmauer

 

Blick hinunter nach Berchtesgaden

 

Einige verzwickte Spitzkehren
Nach hartem Kampf meistern wir dann aber auch diese Stelle und tourten zielstrebig dem Gipfel entgegen. Nach 2:50 Stunden lassen wir uns etwas erschöpft auf den überwechteten Gipfel fallen. Auch wenn das Wetter nicht das Beste ist, ist die Aussicht dennoch grandios. Berchtesgaden ist wirklich ein wunderschönes Fleckchen Land und Gipfel wie der Hohe Göll, der Hochkönig und viele weitere begeistern jeden Bergsteiger. Vor allem aber fasziniert uns der Blick in die direkt vor uns aufragende Ostwand des Watzmanns, in der ich schon einmal klettern durfte. Auch die Ostwand der Watzmann-Mittelspitze ist uns keine Unbekannte, sind wir doch dort letzten Sommer die Wiederroute geklettert. Erinnerungen kommen hoch.
Am Gipfel des dritten Kindes (2.232m)

 

Errichtung des provisorischen Gipfelkreuzes dahinter die Ostwand

 

Die Ostwand der Watzmann-Mittelspitze

 

Tourengeher am fünften Watzmannkind

 

Die Berchtesgadener Alpen
Nach längerer Gipfelrast schnallen wir  unsere Bretter an um,  endlich zum lustigsten Teil bei Skitouren zu kommen:  die Abfahrt. Gleich die ersten Schwünge unterhalb des Gipfels, bestätigen unsere Wunschvorstellungen. Reinster Pulverschnee garantiert extremen Abfahrtsspaß. Als wir weiter unten dann wieder ins flachere Watzmannkar einfahren,  brennen unsere Oberschenkel schon gehörig, dennoch ist unsere Freude dadurch kein bisschen getrübt und wir lieben jeden Schwung. Im dichten Wald wird es dann ein bisschen anspruchsvoller und wir haben Mühe allen Bäumen und Sträuchern auszuweichen. Diese Aufgabe wird dann aber auch gemeistert und wir befinden uns schon wieder am Wanderweg 444 , auf dem wir flott zurück zum Parkplatz brettern.
Gabriel bei der Abfahrt

 

Hinunter zum Parkplatz
Dort geht eine grandiose Skitour mit dem letzten Blick auf das dritte Watzmannkind zu Ende und wir sind froh endlich wieder aus den Skischuhen zu kommen. Skitouren in diesem “Winter” sind wir dann doch noch nicht ganz gewohnt.

Weitere Bilder der Tour findet ihr wie immer hier: