Offiziell: 10.5 Kilometer Wegstrecke, 850 Höhenmeter

Finde deinen eigenen Weg- Unterwegs im Wachauer Irrgarten

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“Ein Irrgarten ist ein Gestaltungselement der Gartenkunst. Seine Unübersichtlichkeit täuscht den Orientierungssinn des Besuchers zu dessen Vergnügen.

So sagt es die Matura-Lernhilfe Wikipedia. Diesen Artikel dürfte sich auch der Veranstalter des heurigen Jauerling-Berglaufs zu Gemüte geführt haben, um die 71 Teilnehmer  auf ihren Spürsinn im unwegsamen Gelände zu testen. Mit Hilfe von Sturmtief Niklas wurde aus dem ersten Bewerb des österreichischen Berglaufcups ein waschechter Hindernislauf, der es aber trotz aller Versuche nicht schaffte, die Ergebnisliste durchzuwirbeln. Eine gute Geschichte beginnt aber immer noch am Anfang:

Motiviert durch die Podestplätze beim 4.Fux’n Lauf wollten wir uns ein weiteres Mal der harten Berglauf-Konkurrenz stellen und die Standortorientierung für die großen Ziele im Sommer vorantreiben. Der Lauf auf den Jauerling, mit 962 Metern die höchste Erhebung der Wachau, lief uns geradewegs ins offene Trainingsmesser. Die Ostseite der österreichischen Landkarte haben wir in  der Vergangenheit grob vernachlässigt und so trifft sich auch ein Lokalaugenschein im Mekka des Wein-und Obstbaus vorzüglich.

Von Wien kommend, steige ich bei meinem gut gelaunten Kumpanen Moritz in Melk ins Auto und wir erreichen bereits um knapp vor 10.00 Uhr Spitz an der Donau, wo wir uns zuerst einer kulturellen Reise durch die Umgebung widmen. Bald dürfen wir erkennen, dass die Wachau nicht umsonst in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Es präsentiert sich ein ganz eigenes, verwachsenes Bild, das stark an die Herrschaft der Hobbits in Mittelerde erinnert. (Anm.: Der Herr der Ringe).

Mit einer Erkundungstour auf der Ruine Hinterhaus wärmen wir unsere Beine auf und genießen den Blick in den Spitzer Graben und auf das Donautal. Fast eintausend Jahre trohnt die Burg bereits über dem zweitlängsten Fluss Europas. Genauso lange sollen auch die Geister der verstorbenen Adeligen dort bereits ihr Unwesen treiben. Um vor  den auferstandenen Überresten Heinrichs dem Eisernen zu flüchten, gibt es vorerst ein paar Aufwärmübungen und Klettereinlagen.

Die Ruine Hinterhaus
Moritz auf den Überresten der einst mächtigen Burganlage mit Blick ins Donautal
Man(n) kann’s nicht lassen
Blick vom Burgfried auf die Anlage und Spitz 

Die Dosis der täglichen Blödelei überschritten, schieben wir den heutigen Wettkampf wieder in den Mittelpunkt unserer Überlegungen. Zum Aufwärmen besichtigen wir gleich den ersten Teil der heutigen Strecke, die vom Schiffahrtsmuseum in Spitz (210m) über Umwege zum Naturparkhaus am Jauerling (920m) führt. Wir dürfen gleich feststellen, dass die Steigung auf den offiziell angegebenen 8,75 Kilometern nicht besonders stark ist und wir den Großteil des Bewerbes durchlaufen müssen, um uns im vorderen Feld zu platzieren. Wir genießen das neue Ambiente und der Blick auf die bizarren Felsformationen lässt unser alpines Herz im Freudentaumel pulsieren. Doch heute sind wir nicht zum Klettern hier und so besinnen wir uns schnell wieder auf die Besichtigung, die sich Dank großem Spaß als nicht besonders ernsthaft entpuppt.

Gibt es sie doch, die Geister auf der Hinterburg?
Aufwärmen und Streckenbesichtigung
Der Untergrund hat im unteren Abschnitt keine Wasserschäden davongetragen

Durch aufgemalte Pfeile auf Bäumen und Steinen und mit Absperrbändern hat der Veranstalter die Strecke im unteren Bereich gut markiert und so kehren wir um und verlassen uns auf eine ordentliche Wegführung. Ein Fehler.

Wald. Wiesen. Wein. Wachau.

Beim Schiffahrtsmuseum holen wir uns kurz nach 12.00 Uhr unsere Startnummern ab und dürfen bereits mit großen Augen unsere heutige Konkurrenz mustern. Mit Robert Gruber (Salomon Running-Team) ist heute auch ein wahrer Top-Athlet am Start, der die Hälfte seiner Läufe bislang gewinnen konnte. Schnell dürfen wir uns auch über ein bekanntes Gesicht freuen: Joe Dißlbacher, viermaliger Bergmarathon-Sieger, ist ebenfalls aus dem Herzen Oberösterreichs angereist und stellt sich gut gelaunt der bekannten Konkurrenz. Diese ist am heutigen Wettkampftag allgemein besonders stark und steigert sowohl Nervosität als auch Motivation der bergaufundbergab- Greenhorns. Ingesamt 71 Starter versammeln sich pünkltlich um 14.00 Uhr beim Schiffahrtsmuseum und tanzen nach Walter Zugriegels Pfeife. Der Startschuss ertönt und nach wenigen Metern trennt sich die Spreu vom Weizen.

Es geht rasant los und schon nach zwei Kilometern merke ich, dass ich in diesem Tempo keine Chance habe, die gesamte Distanz durchzuhalten. Ich verringere die Trittgeschwindigkeit, während Moritz weiter nach vorne schießt und ich mich über meine Blödheit ärgere. Vorerst über wunderbare, schmale Waldwege mäßig steil bergauf,  geht es bald auf einer langen Forststraße talwärts. Die Wegführung überrascht doch, haben die meisten Teilnehmer nicht mit 150 Höhenmetern Abstieg gerechnet. Nach knapp drei Kilometern habe ich mein Tempo gefunden und kann das Feld wieder von hinten aufrollen.

Wir queren die Jauerling-Bergstraße und laufen in einen etwas steileren Forstweg ein, der uns eigentlich bis zum Naturparkhaus bringen sollte. Eigentlich. Während ich zu Moritz aufschließe, der trotz gesundheitlicher Probleme an den Start ging und mit seinen Körperfunktionen zu kämpfen hat, wundere ich mich immer mehr über die spärlichen Markierungen und das Ausbleiben anderer Läufer. Als  ich noch an meiner Orientierungsfähigkeit zweifle, stehen wir schon im Unterholz. Moritz und ich kämpfen uns über einen Waldschlag steil bergauf und sehen am oberen Ende weitere Läufer, die der Weg ebenfalls ins Dickicht des Jauerlinger-Bergwalds geführt hat. Zu dritt erreichen wir wieder die Forststraße, der wir durch Matsch und Schlamm wieder einige Höhenmeter folgen. Meine Uhr zeigt bereits über acht Kilometer an und auch die angeblichen 750 positiven Höhenmeter sind beinahe überschritten. Das Ziel sollte also in greifbarer Nähe sein. Greifbar sind aber vorerst nur die Äste der umgefallenen Bäume, die kreuz und quer über den Weg liegen. Es dauert nicht lange und wir stehen erneut im Wald.

“Drei Männlein stehen im Walde, ganz still und dumm. ” 

So ungefähr kann man die Gefühlslage zu diesem Zeitpunkt beschreiben. Und erneut gilt es durch steiles, unwegsames Gelände einen eigenen Weg zu finden. Moritz und ich lieben dieses Terrain und kommen sehr schnell wieder auf die offizielle Strecke, die uns schließlich in wenigen Minuten ins Ziel bringt. Dort stehen bereits 12 andere Teilnehmer, die lauthals und verwirrt über die Wegführung diskutieren. Wir waren also nicht die Einzigen, die sich durch Holz, Schlamm und Matsch kämpfen mussten. Auch Sieger Robert Gruber, dessen Uhr sogar über 10 Kilometer anzeigt, wundert sich über die mangelnden Markierungen und die exotische Wegführung.

 

Ziel erreicht

Mit einer Zeit von 58:30 laufe ich schließlich als  Gesamt- Dreizehnter ins Ziel. Moritz platziert sich 16 Sekunden hinter mir auf Rang 14 . An dieser Stelle möchte ich meinem jungen Freund für sein Durchhaltevermögen gratulieren. Während des Laufes konnte man ihn kurzzeitig auch mit einem entfleuchten Burggeist verwechseln. Belohnt wird der “Beißer” dann mit einem Pokal für den Sieg in der Junioren-Klasse.

Nun bleibt nur noch eine Frage zu beantworten: Wo verläuft der tatsächliche Weg?

Nächstes Mal verläuft die Strecke bei schlechten Verhältnissen auf der Straße. Kann man nichts machen” – auch Veranstalter Walter Zugriegel war sich der Situation bewusst. Ein Abenteuerlauf, der viele, die extra weit angereist waren, zurecht nicht sonderlich begeisterte.

Wir füllen unsere leeren Energiespeicher im Naturparkhaus auf und freuen uns über eine nette Unterhaltung mit virtuellen Bekannten, die sich heute endlich vermenschlichen: Sandra und Uschi haben uns am Jauerling besucht und uns sogar ein kleines Osterpräsent mitgebracht! Nun fehlt nur noch deren eigene virtuelle Bergpräsenz. Wir sind gespannt !

 

Wir sagen “Danke” für den Besuch!

Anschließend kreiert der Veranstalter für die Teilnehmer noch neue Vornamen und so darf sich Johann  (Anm. Josef) Dißblacher über den dritten Platz in seiner Altersklasse freuen und Manuela (Anm. Marlene) Grabner ihren Erfolg bei den Damen genießen. Moritz holt sich den 1. Platz bei den Junioren, während ich in der AK20 mit der “Blech”-Medaille nach Hause gehen darf.

Die Top 30 des Jauerling-Berglaufs 2015

Weil wir natürlich nicht am Jauerlingstock residieren können, ohne den höchsten Punkt zu besuchen, machen wir uns nach der Siegerehrung noch auf zum Gipfel des 962 Meter hohen Wachau-Riesen. Die wenigen Höhenmeter sind schließlich schnell bezwungen und wir dürfen einen neuen Gipfel in unsere Listen eintragen.

Juniorensieger Moritz am 962m hohen Jauerling

Beim Abstieg zurück nach Spitz versuchen wir dem richtigen Wegverlauf auf die Schliche zu kommen. Nach wenigen Metern ist die Strecke aber wieder unbegehbar und wir schlagen uns geradlinig zurück zur Jauerling-Bergstraße, der wir bis ins Ortszentrum folgen um weitere Verhauer zu vermeiden. Wir sind uns trotz aller Widrigkeiten einig, dass die Platzierung ausgesprochen

ist und wir zufrieden sein können. Kultur, Sport und eine kleine Portion Abenteuer runden das Osterwochenende gekonnt ab. Beim Schoberstein-Bergmarathon darf der Wegverlauf dann aber gerne wieder klar ersichtlich sein!

Für euch ersichtlich sind nun die GPS-Tracks vom rasanten Aufstieg und auch vom gemütlichem Abstieg, sowie ein Fotoalbum des wunderbaren Samstags! Viel Spaß!

ANMERKUNG: Dies soll kein Angriff gegen den Veranstalter sein, der mit seinen zahlreichen Events die niederösterreichische Laufszene bereichert und immer wieder für spannende Läufe sorgt.
Leider war im Zusammenspiel mit den Sturmschäden, aus unserer Sicht,  diesmal kein regulärer Bewerb möglich.
Wir möchten uns an dieser Stelle dennoch bei Walter Zugriegel bedanken!