Erstbegehung in den Radstädter Tauern

Von Moritz Mayer

Es gibt sie noch. Anstiege, die im Schatten liegen, außerhalb des Lichts, das der aktuelle Trend auf die Berge wirft. Schön, wen man sie zufällig entdeckt. Noch schöner , wenn die Familie den Urlaub genau dort verbringt, wo einige von ihnen aus der Erde ragen. Der Lungau ist für mich ein zweites Zuhause. Die Wiesen mein Bett, die Felsen mein Spielplatz, die aufgehende Sonne mein Weckruf.

Da meine Eltern am ersten Tag des Natururlaubes nur ein bisschen am Schlierersee spazieren wollten, nutzte ich die Zeit um einen kleinen Berglauf auf den Pfefferkogel zu machen. Von der Königalm aus erreichte ich diesen auch in gut 25 Minuten. Der Pfefferkogel ist ein kleiner Wiesengipfel,  nicht weit entfernt von der Boarnlacke, mit einem imposanten Blick aufs Weißeck.

Das mächtige 2.711 Meter hohe Weißeck

Während meines gesamten Laufes begleitete mich aber auch noch ein anderer Gipfel. Der Große Reichesbachkogel. Dieser Gipfel ist wohl kaum bekannt und nur wirkliche Gebietskenner wissen um seine Schönheit.

In den vergangenen Jahren stand ich schon zwei Mal am Gipfel des Reichesbachkogel. Das erste Mal querfeldein über die sehr breite und leicht zu begehende Ostschulter und ein weiteres Mal im Zuge der Überschreitung vom Nebelkareck.

Doch schon immer hat mich der etwas niedrigere aber dennoch imposantere Westgipfel in seinen Bann gezogen. Seitdem ich diesen das erste Mal gesehen habe, fragte ich mich, ob da oben wohl schon jemand gestanden ist.

Auch der Westgrat hat es mir angetan. Naja, gestanden ist da oben sicher schon irgendwann jemand. Irgendein Jäger, vielleicht sogar ein Bergsteiger muss doch da oben schon mal gewesen sein. Oder auch nicht? Bekannt ist dieser Grat bzw. Westgipfel jedenfalls nicht (Auch nicht in Holls Tauern Führer). Man findet generell über den Großen Reichesbachkogel nur wenig. Bekannt ist nur der leichte Wiesenanstieg von der Stickerhütte und die in Holls Tauern Führer beschriebene Kammbegehung von Jägerspitze bis Reichesbachkogel.
Nun stehe ich also am Pfefferkogel und blicke immer wieder zum Reichesbachkogel. Schnell war der Entschluss gefasst, dass ich es heute versuchen möchte. Da ich allerdings mit Trailrunning-Schuhen und alleine unterwegs war, traf ich vorher noch selbst mit mir das Abkommen, dass ich nur so weit gehe wie es für mich verantwortbar ist und ich keine Probleme beim Abklettern bekommen würde.

Hier der Westgrat auf den Reichesbachkogel vom Hinteren Riedingtal aus. (Foto von Kammbegehung Jägerspitze – Reichesbachkogel 2013)

Übersicht 1

Hier der Blick von der Boarnlacke auf den Reichesbachkogel und dessen Westgrat.

Übersicht 2

Zuerst ging es von der Boarnlacke einen kleinen Aufschwung hinauf, danach überquert man noch einen kleinen Weidezaun und schon steht man  direkt am Einstieg vom Westgrat. Einsteigen kann man im unteren Teil eigentlich wo man will. Leichtes Wiesen/Fels Gelände im unteren II. Grad.

Weg vom Pfefferkogel zum Reicheschkogel
Auf der rechten Seite der Westgrat mit Vorgipfel
Zustieg über loses Gelände
Danach steht man direkt am Grat. Spätestens hier sollte einem aufgefallen sein, dass dieser Fels keines Falls Xeis- Qualitäten aufweist. Das brüchige Schiefer-Gestein ist kaum zu berechnen und man sollte am besten 10 Mal überlegen wo man den nächsten Tritt bzw. Griff platziert.
Danach wechseln kurzes Gehgelände und Kletterein bis II sich ab. Achtung! Auf keinen Fall nach rechts, sprich in die Nordwand des Grates ,ausweichen. Dies ist mir leider passiert und dort ist der Fels nichts gegen Teile der Haller-Mauern. Ca. 20-30 Höhenmeter unter dem Westgipfel gibt es ein kleines schmales Wiesenband südseitig, auf dem man weiter nach oben kommt. Allerdings ist hier der Grat sehr ausgesetzt. Schließlich erreicht man den Westgipfel.

Am Grat
Kurz vor mir der Vorgipfel und weiter hinten der Hauptgipfel

Ab dem Westgipfel hat man dann den Point-Of-No-Return erreicht. Zumindest wenn man kein Seil dabei hat. Diesen Punkt wollte ich eigentlich nicht erreichen und ich ärgerte mich kurzzeitig über mich selbst.
Nach dem Westgipfel folgt die Schlüsselstelle. 20 Meter bis III abklettern in sehr brüchigem Gelände. Diese 20 Meter erforderten zwar knapp 15 Minuten, dennoch ist es hier nicht ganz so ausgesetzt. Ein Ausrutscher in die Nordwand wäre aber auch hier fatal.

Abklettern vom Vorgipfel (III)

Endlich geschafft. Ab hier gibt es nur noch Gehgelände, das manchmal den Einsatz der Hände erfordert.

Unschwierig weiter zum Gipfel

Und dann war ich auch schon oben. Am Gipfel des Reichesbachkogel gibt es nur einen kleinen Vermessungsstein, dennoch hat man einen grandiosen Ausblick auf die Niederen Tauern und auch noch darüber hinaus. Mit dem Gefühl einen Hauch von Pionier-Arbeit verrichtet zu haben, machte ich mich schließlich wieder an den Abstieg vorbei an der Boarnlacke bis zur Königalm.

Am Gipfel angekommen

 

Beim Abstieg  hatte ich dann noch einen guten Freund getroffen