1.900 Höhenmeter, 37.4 Kilometer Wegstrecke

Wochenende gepaart mit halbwegs brauchbarem Wetter bedeutet für den gemeinen Bergsteiger sich zumindest einen Tag vom alltäglichen Treiben im Tal zu lösen und den Gang ins Gebirge anzutreten. Nachdem eine Woche voll Beratschlagung und Tourenplanung vergangen war, wir uns aber aufgrund der unsicheren Schneelage nie vollständig einig werden konnten, musste, wie so oft, der Vorabend für einen endgültigen Entschluss herhalten. Weil wir, bevor der große (oder kleine?) Wintereinbruch kommen sollte, noch einmal mit den Bergschuhen ausrücken wollten und uns ein Tag nicht genug war, wurde fieberhaft ein adequater Winterraum gesucht. Das Ziel verschob sich vom Höllengebirge schließlich ins Tote Gebirge und mit dem Albert-Appel Haus wurde auch eine vernünftige Herberge gefunden. Wir steuern also den Grundlsee an um von dort aus den langen Weg übers verschneite Plateau zum bisher unbestiegenen Rinnerkogel einzuschlagen. Die westliche Seite des Toten Gebirges haben wir bislang nur in Form des Schönbergs (2.090m) kennengelernt und so freuen wir uns auf neue Eindrücke. Der steile Anstieg zum Karstplateau begeistert mit Blicken zu Dachstein (2.995m) und dem idyllischen Grundlsee- und wie kann es anders sein- vorerst sind wir ohne “weißen Feindkontakt” unterwegs.
Und täglich grüßt das Murmeltier- Schneefreier Zustieg
Bald kann man König Dachstein bewundern

Die warmen Temperaturen, der vollbepackte Rucksack und der steile Anstieg bringen uns gehörig ins Schwitzen und steigen wir Ende Jänner schließlich im T-Shirt weiter bergan. Nach 1 1/2h erreichen wir das Hochplateau und müssen uns teilweise kräftig abmühen. Der Schnee, der uns die letzten Wochen als angenehmer Weggefährte begleitet hatte, steht uns nun feindlich gegenüber. Immer wieder brechen wir tief ein und müssen genügend Luft holen um auch noch diverse Flüche über unsere Lippen zu bringen. Der wolkenverhangene Himmel zeigt sich aber kompromissbereit und lässt uns mit seinem immer mehr aufkommenden Himmelblau immer wieder genügend Motivation schöpfen.

Der Beginn einer langen und schneereichen Odysee zum Albert-Appel Haus (1638m)
Je weiter sich das Plateau ausdehnt, desto kleiner wirkt der Mensch

Vorbei an der Henaralm befinden wir uns bereits im Endspurt. An dieser Stelle sei dem Hüttenwart unser Dank verkündet, der uns den gesamten Weg einen Tag zuvor gespurt hat.

Unser heutiges Domizil in greifbarer Nähe

Das Albert-Appel Haus ist durch seine zentrale Lage eine dankbare Unterkunft für Überquerer des Toten Gebirges. Wir inspizieren den netten Winterraum, erleichtern unseren Rucksack und machen uns mittags auf den Weg zum Rinnerkogel, der noch hart umkämpft werden will. Auch hier können wir eine etwas ältere Spur ausmachen, die sich aber später vor dem Gipfelaufschwung, etwas verwirrend, verliert. Mit einem umwerfenden Blick zum nahen Dachstein erreichen wir die Wildenseealm (1.525m), der wir beim Rückweg nochn einen netten Besuch abstatten werden.

Dachstein-Blick

Knapp am Ufer des tief verschneiten Wildensees vorbei erhebt sich der mächtige Rinnerkogel vor unseren Augen und offenbart uns noch einen längeren Zustieg.

Matthias als Zwerglein vor den mächtigen Felswänden des Rinnerkogels

Bei der Abzweigung, die auch zur privat geführten Rinnerhütte führt, wird es richtig anstrengend. Durch dichte Latschen kämpfen wir uns stetig einbrechend nach oben. Das Wetter bessert sich aber zunehmend und so reift der Plan eines fantastischen Sonnenuntergangs auf dem Gipfel.

Anstregender Weg über Stock, Stein, Schnee und Latschen zum Gipfel
Merkwürdiger Kontrast mitten im Januar

Nach einer langen Stunde stehen wir vor dem abgeblasenen Gipfelaufschwung und müssen uns nun mit unserem nächsten Gegner abschlagen: Einem orkanartigen Wind. Der Wind wird schließlich all unsere Pläne verblasen und den Gipfelaufenthalt auf nur zehn Minuten beschränken.

Blick ins Höllengebirge und ins vernebelte Flachland
Am Gipfel des 2.012m hohen Rinnerkogels
Matthias lehnt sich gegen den Wind auf- muss sich aber schließlich geschlagen geben
Herrliche Weitblicke in den wolkigen Süden

Wir verabschieden uns schweren Herzens vom Rinnerkogel und versprechen ihm im Sommer auf seinem Gipfel zu faulenzen. Er wirkt zwar gekränkt, lässt uns aber trotzdem ziehen. Der Abstieg geht dann etwas schneller, auch wenn sich der Schnee weiterhin nicht dazu entschließt uns an der Oberfläche zu halten.

Abstieg zurück zum Appel-Haus
Manchmal bricht auch gleich die gesamte Schneedecke unter unserer Last ein. Weihnachtsspeck sei Dank?

Als wir bei der Wildenseealm ankommen erreicht uns der Duft von verbranntem Holz und lässt uns gleich ein Horrorszenario ausmalen. Wie vor einigen Wochen am Priel befürchten wir einen mittlerweile vollgefüllten Winterraum- doch diesmal ist uns das Glück hold. Ein Bad Ausseer Bauer, der die Nacht auf der Alm verbringt, lädt uns in seine Hütte ein und lässt uns mit einheimischem Schnaps die Kälte vergessen. Nach Anekdoten aus dem Toten Gebirge und dem Erlernen des “Landler-Tanzes” verabschieden wir uns wieder und suchen im Schein der Stirnlampen unser Nachtlager auf. Wir verbringen einen gemütlichen  Hüttenabend und legen uns dann erschöpft ins Lager- haben wir morgen doch noch so einiges vor.

Im Winterraum des Albert-Appel Hauses…
..kann schon so mancher Schluck zuviel erwischt werden 🙂

Der nächste Tag beginnt mit schwarzen Wolken wenig einladend und so brauchen wir etwas länger um aus den Betten zu kommen. Unser Plan über Redenden Stein, Wildgössl , Salzofen und Konsorten zurück zum Grundlsee zu gelangen bekommt so langsam Schlagseite- auch weil wir erkennen müssen, dass der Schnee für eine solche Winterbegehung nicht geeignet ist. Zu schön wäre es fliegen zu können…

Geht ja!

Schon auf der Hälfte des Weges beschließen wir ,unter ständigem Murren, es heute nur beim Redenden Stein zu belassen.

Wir machen uns auf den Weg um vom Redenden Stein Antworten zu bekommen
Kurz vor dem Gipfelaufschwung
Über Fels wird abgekürzt

Nach über einer Stunde stehen wir dann schließlich am Redenden Stein und blicken in eine wolkige Umgebung. Der Wind ist heute zwar noch genauso stark, haben wir aber in einer Mulde Glück und können eine ausgiebige Gipfelrast genießen.

Es wird heftig diskutiert…doch der Redende Stein ist heute besonders wortkarg
Am 1.900m hohen Gipfel…
…wird wieder geflogen

Nach weiteren Flugeinlagen geht es wieder zurück zum Appel-Haus. Wir kürzen aber ab und spuren uns in direkter Linie wieder zum markierten Wanderweg, wo wir Kilometer für Kilometer wieder dem Grundlsee entgegenschreiten.

Dann ist es vollbracht- die müden Augen erspähen wieder den Grundlsee

Der Abstieg geht auf der dürftigen Schneeauflage schnell von Statten und so können wir um 14.00 Uhr bereits wieder den Rückweg nach Linz antreten. Trotz unserer gescheiterten Pläne war es wieder ein erfolgreiches Wochenende, das trotz der 37.4 km  Wegstrecke eher in die Kategorie “Gemütlichkeit” einzureihen ist. Und wie wir ja seit unserem Stoderkamm-Drama wissen: Besser umkehren, denn fehlgehen”


Ihr aber sollt noch nicht umkehren, sondern zuerst weitere schöne Bilder dieses Wochenendes betrachten: